Noch’n Gedicht

Hurra, Deutschland interessiert sich wieder für Lyrik. Aus diesem Anlass sei flink darauf hingewiesen, dass in der aktuellen Ausgabe des Poesiemagazins Veilchen ein weiteres Gedicht meiner sehr geschätzten Freundin Megumi Sakurai (Abb. unten) abgedruckt ist. Ein grüner Vogel, der fliegt in den blauen-grauen Himmel ist sein klangvoller Titel. Das Gedicht davor war in der Ausgabe davor, bekommt man möglicherweise auch noch vom Erzeuger.

Probiertext:

Die Stimme erscheint vor meinen Augen.
Mein Blut macht kehrt.
Du weißt, du weißt:
Für mich, für immer, wie immer, wird es wiederholt.
Ja, ich weiß.

Was bisher geschah, und wie es weitergeht, in Veilchen.

Papier ist das neue Vinyl

In letzter Zeit ertappe ich mich häufiger dabei, wie ich mit Vergnügen wieder gedruckte Bücher lese.

Keine Sorge, dies wird nicht der 2.587.325ste Klagegesang über den Verlust von Haptik und Geruch beim Lesen.

Okay, irgendwie doch. Aber nicht ganz so kläglich wie bekannt, hoffe ich. Denn eigentlich bin ich ein vehementer Verfechter des E-Buchs. Ich würde sogar sagen: Ich bin ein Very Early Adopter des E-Readings, man. Obwohl ich sonst auf jede ganz offensichtlich großartige Innovation erst mal typisch deutsch reagiere: Bah, braucht kein Mensch, diesen Mist. Dafür geben die da oben also unsere Steuergelder aus. Der Ehrliche ist der Dumme, sage ich euch.

Dem elektronischen Buch war ich dennoch von Anfang an gewogen. Mal Hand aufs Herz: Ein Buch, das nur gefällt, wenn es riecht und schubbert, ist vermutlich kein allzu gutes Buch. Ein bisschen sollte bei Büchern auch auf inhaltliche, womöglich sogar literarische Qualität geachtet werden. Ich finde es schön, dass das Buch nun aus seinen Deckeln befreit wurde, und wie ein kleines Vögelchen mit manchmal noch unsicherem Flügelschlag (total süß, muss man sich mal vorstellen) von Gerät zu Gerät flattert und piept: „Lies mich! Lies mich! Lies mich auf dem Lesegerät! Lies mich auf dem Telefon! Lies mich auf dem Walkman! Lies mich auf dem Heimcomputer! Lies mich überall! Ja, ich will es! Ich muss mal von vorne bis hinten so richtig durchgelesen werden! Piep-piep!“

Sagte ich: Very Early Adopter des E-Readings, man? Möchte sogar sagen: Pioneer des E-Publishings, dude. In grauer Vorzeit sprach mich mal ein junger österreichischer Selfmade-Powerplayer an, der meinte, dass Handy-Literatur (also Literatur auf dem Handy, nicht Literatur über das Handy) das Nächste Große Ding sei, und er die Technologie für den Vertrieb hätte. Ich glaubte ihm, weil in Japan lief das schon wie verrückt. Da musste ich nur Manga und Sushi und eins und eins zusammenzählen und überließ ihm ein Schubladenmanuskript, das sogleich in vier Teilen als Handy Novel feilgeboten wurde.

Glücklicherweise hatte ich meine Arbeitsstelle nicht im gleichen Moment gekündigt. Der ersten (und letzten) Jahresabrechnung war später zu entnehmen, dass der erste Teil zweimal kostenpflichtig heruntergeladen worden war (einmal von mir), und die anderen gar nicht.

Inzwischen hört man vermehrt von E-Buch-Millionären, also startete ich jüngst einen erneuten Versuch, mit demselben Manuskript, aber unter anderem Namen. Millionär, das wär was. Veröffentlicht wurde überall dort, wo solche E-Buch-Millionäre halt ihre Millionen machen.

Das ganze brachte mir nur (sehr) geringfügig bessere Verkäufe als bei meinem ersten Experiment, aber immerhin schriftlichen Kontakt zu einem anderen selbstverlegenden Autoren, einen aufgeregten Fantasy-Pornografen, der mich in die große Weltverschwörung einweihte: All diese angeblichen erfolgreichen Selfmade-Literaten aus den Spiegel-Online-Artikeln und Buchmesse-Diskussionsrunden kauften ihre Bücher in großen Stückzahlen selbst, um hohe Platzierungen in den Charts der Verkaufsplattformen zu erklimmen, und ließen ihre begeisterten Kundenrezensionen ebendort von Mitverschwörern fälschen beziehungsweise erledigten auch das gleich selbst, und und und das sei voll fiese. Damit hatte der aufgeregte Fantasy-Pornograf natürlich in allen Punkten recht, nur fehlt mir bei diesem Thema angesichts schlimmerer Nachrichten aus aller Welt das Erregungspotenzial.

Jetzt schreibe ich wieder nur übers E-Buch. Dabei sollte es mir doch darum gehen, dass gedruckte Bücher auch ganz gut sind. Am besten wäre allerdings beides; wenn man ähnlich wie bei vielen Blu-rays, DVDs und Vinyl-Schallplatten zum Kauf eines physischen Buchprodukts gleich das metaphysische dazubekäme. Bei Schallplatten beeinflusst das durchaus meine Kaufentscheidung. Ich bin inzwischen trotz langer Befürwortung vom reinen Download abgerückt. Nicht aus Altersstarrsinn (medizinischer Fachbegriff: Nostalgie), sondern aus Altersgedächtnisschwäche. Wenn ich etwas nur als Datei kaufe, vergesse ich es häufig am nächsten Tag und bis in alle Ewigkeit. Schallplatten und CDs hingegen liegen irgendwo rum, irgendwann findet man sie wieder und freut sich über die heiße Mucke. Die Mehrkosten sind für einen zukünftigen E-Buch-Millionär kein Thema. Aber zusätzlich digital möchte ich die Musik trotzdem haben, weil es praktischer ist und genauso klingt. Wer ernsthaft findet, dass das nicht so ist, bildet sich was ein oder setzt beim Musikhören die falschen Prioritäten. Bei Filmen derweil ist mir die digitale Kopie schnurz. Welcher ernsthafte Filmfreund mit einem klitzekleinen Funken Selbstachtung schaut Filme auf den Minimonitoren mobiler Geräte? Früher sagte man dazu Hörspiel. Wenn ich auf einer Filmverpackung ‚inklusive Digital Copy‘ lese, falle ich wieder zurück in meine tiefdeutsche Seele und maule: Hoffentlich zahle ich für diesen Quatsch nicht extra …

Apropos typisch deutsch: Viele hier sind ja der irren Auffassung, es gehöre zu ihren unveräußerlichen Menschenrechten, dass sie mit einem Produkt machen können, was sie wollen, nur weil sie es gekauft haben. Zum Beispiel 10.000 exakte Kopien, falls mal 9.999 kaputtgehen. Und wenn man diesen Menschen sagt, sie sollen nicht albern sein, werden sie bockig. Ich will mitnichten darauf pochen, dass ich als Buchkäufer ein Recht auf alles Mögliche hätte. Freuen würde mich aber ein Entgegenkommen seitens der Verlage in der o.g. Angelegenheit schon. Ich schlackere allerdings mitunter mit den Ohren, welche Rechte ich tatsächlich bereits habe. Vor ein paar Jahren war mir aus einer Laune heraus nach elitärem Bezahlfernsehen. Als das vorne und hinten nicht funktionierte, ließ ich einen Techniker kommen, der ebenfalls ratlos vor der Dose stand und mir mit vor Pathos bebender Stimme auftrug, ich möge mich an meinen Vermieter wenden, denn: „Sie haben ein Recht auf digitales Fernsehen!“ Da wurde mir gleich ganz patriotisch in der Brust. Ich fand es eigentlich schon vergleichsweise ausreichend, in einem Land zu leben, in dem ich ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, Nahrung, Wasser, Wärme und Würde habe. Huch, ich hätte fast Würste statt Würde geschrieben.

Christian Krachts gegenständlich und inhaltlich schönes neues Buch Imperium gibt es nicht digital [korrigiere: gibt es mittlerweile wohl]. Dieses war eines von einigen Büchern, die mich in jüngster Zeit vermehrt zurück zum gedruckten Buch ge- beziehungsweise verführt haben. Das hat nur bedingt mit der hübschen Umschlaggestaltung, dem guten Material und dem geschmackvollen Schriftbild zu tun. Hätte das Buch, zum Beispiel, 1056 Seiten, wie, zum Beispiel, der neue Stephen King, wäre mir das Südsee-Cover, das Lesebändchen und der sonstige Manufactum-Klimbim nach 20 Seiten herzlich schnuppe gewesen, und ich hätte mich umgeschaut, ob nicht irgendwo im Internet eine Sicherheitskopie abliegt (nicht aufregen, rechtmäßig bezahlt hätte ich ja bereits). Das Buch hat allerdings genau 800 Seiten weniger und fällt somit in den Bereich, in dem ein Buch als Buch lesenswerter ist denn als E-Buch. Da Literatur in Deutschland häufig in Pfund gemessen wird, spricht mancher verhalten abfällig über den vermeintlichen Mangel an Umfang dieses Werkes. Ich aber sage: Das ist genau der richtige Umfang! Büchern, die 400 Seiten deutlich überschreiten, sollte man misstrauen, sie sind im Regelfall geschwätzig und unliterarisch. Ausnahmen gibt es, allerdings nur selten (siehe besagten letzten King). Als Faustregel könnte man aufstellen: King digital, Kracht gedruckt. Es würde mich nebenbei sehr wundern, dieses Jahr noch zwei bessere Bücher zu lesen als diese beiden. Ich werde es trotzdem versuchen.

Warum dann nicht Kracht auch gleich digital, wenn E-Bücher so toll vögelchenflatterhaft sind? Weil man nach jahrelanger E-Lektüre feststellt, dass das Lesen am Lesegerät auf Dauer etwas unangenehm Gleichmacherisches hat. Meines simuliert zwar das Buch als Konzept nahezu perfekt, nur ist es sinnlich immer dasselbe Buch. Nun ist jedes Buch eine eigene Welt, da haben die Phrasendrescher ausnahmsweise recht. So zermürbt es zusehends, wenn die Verpackung bei allen gleich ist, denn die gehört zum Weltendesign dazu.

Warum dann nicht gleich nur noch gedruckt, ging schließlich früher auch? Das ist auch doof. Dass etwas früher ging, bedeutet ja nicht, dass es heute nicht besser gehen darf. Kein Lesegerät schlägt die Haptik eines kompakten Buches, aber jedes Lesegerät schlägt die Haptik eines Backsteins. Darüber hinaus ist Abwechslung eine schöne Sache. Nach vielem Gedruckten freue ich mich jedes Mal, wenn ich als Leser den Reader wieder zur Hand nehmen darf, mitunter sogar für spindeldürre Lektüren.

Ich teile übrigens nicht die häufig gehörte Kompromissauffassung, das E-Buch-Format sei schön und gut für flüchtige Trendlektüre, aber Lebensbücher müssten auf jeden Fall gedruckt und schwer im Regal ächzen. Würde direkt sagen: Eher im Gegenteil. Meine E-Bücher habe ich so gut wie immer komplett bei mir, quasi nah am Herzen, sie werden garantiert auch jede Lebensraumverschiebung mitmachen. Meinen Druckbüchern kann ich diese Garantie nicht ausstellen.

Zur Causa Kracht fällt mir außerdem ein, falls ich mal kurz über mich selbst sprechen darf: In meinem eigenen Buch Gebrauchsanweisung für Japan habe ich neulich auf Seite 145f. zu meiner Empörung diese Textstelle gefunden:

Nie würde ich auf die Idee kommen, eine Postkarte mit folgendem Wortlaut zu verfassen: „Hallo Mami, bei den Schlitzaugen gefällt es mir wie immer gut, liebe Grüße aus Yokohama.“

Herr Diez, übernehmen Sie! Lassen Sie das nicht so stehen! Bitte reißen Sie das markierte Wort sofort aus dem Zusammenhang (es ging um Langnase und andere Schmähwörter) und schreiben Sie einen entlarvenden Gedankengutartikel für ein auflagenstarkes ‚Nachrichten‘-Magazin. Ich könnte noch ein paar verkaufte Einheiten gebrauchen zur Finanzierung meines Bibliothekanbaus.

Und zur Causa Causa fällt mir ein, dass das ein ganz schreckliches Modewort ist, für dessen Verwendung ich mich in aller Form entschuldige. Wann ging das eigentlich los, dass alles Causa sein muss? Kachelmann?

Ist auch egal, zurück zum Thema: E-Bücher sind gut, P-Bücher sind gut, alles ist gut. In umsichtiger Dosierung. Mein einziges größeres Problem mit dieser ganzen E-Buch-Geschichte sind meine kulturpessimistischen Bedenken, dass kommende Lesegenerationen nicht mehr zwischen richtigen (also von kompetenten Fachkräften sorgfältig ausgewählten, betreuten, redigierten und gestalteten) Büchern und selbstverlegten Egotrips werden unterscheiden können. Viele haben schon jetzt Schwierigkeiten damit. Leider sind 99,9% der sogenannten Indie-Autoren (Euphemismus für unverlegte Egotripper) geistige Geschwister einer drolligen Nebenfigur aus dem Film Schmeiß die Mama aus dem Zug. Es ist mehr als 20 Jahre her, dass ich den gesehen habe, ich bin also alles andere als zitierfest. Es gibt da jedenfalls einen Herrn in einem Creative-Writing-Kurs, der ganz stolz ist auf sein Epos 200 Frauen, die ich gerne schweinigeln würde. Wie gesagt: Ist etwas her. Vielleicht sind es mehr oder weniger Frauen, vielleicht ist der Titel im Detail ein wenig anders. Aber die Kernaussage stimmt. Heute bleibt derlei leider nicht hinter den Mauern der Erwachsenenbildung gefangen, sondern wird direkt ins Netz geschweinigelt.

Verlage sind nicht Feinde der Autoren, sondern Freunde der Leser. Es kann selbstredend gut sein, dass hin und wieder ein Autor eines tatsächlich brillanten Werkes nicht mal den kleinsten seriösen Kleinstverlag von einer Veröffentlichung überzeugen kann. Dann ist es ein potentieller Gewinn für die Welt, dass es Selfpublishing gibt. Leider wird die Welt aber von diesem einen brillanten Werk gar nichts mitbekommen, denn sie ertrinkt in abertausenden Schweinigel-Titeln. Möglich, dass sich dieses Missverhältnis beizeiten selbst reguliert. Sehr zuversichtlich bin ich jedoch nicht; Qualität setzt sich äußerst selten durch.

Oh je, jetzt ende ich mit gesenktem Blick und geschürzter Unterlippe, dabei sollte es um erfreuliche Dinge gehen. Lesen wir zur Zerstreuung ein wenig Trivialliteratur, zwei gelungene Exemplare der Gattung habe ich unlängst besprochen (als E-Bücher, gibt’s aber auch so):

Neil Cross: Luther – die Drohung

Jeffery Deaver: Carte Blanche

Nur noch 42,195 Kilometer mehr

Die gute Nachricht: Der erste Lauf des Wochenendes ist geschafft.

Leider war es erst der 2-Kilometer-Spaßlauf International Friendship Run. Der 42,195-Kilometer-Spaßlauf Tokyo Marathon folgt morgen. Damit jeder noch eine faire Chance hat sich rechtzeitig etwas wegzuholen, fand der Friendship Run im strömenden Regen statt. Das ist beruhigend, denn genau das hat der Wetterbericht vorausgesagt. Möglicherweise ist dann auch der positive Bescheid für morgen korrekt.

Sorgen Sie sich nicht, wenn ich mich nicht sofort nach Zieleinlauf melde, ich nehme den Computer wohl nicht mit. Sollte aber dennoch etwas passieren, wollte ich eben noch diese Besprechungen bei Ihnen abgeben:

Stephen King: Der Anschlag

Aftershock

Chatroom

Morituri te salutant

Ich habe eine offizielle Bekanntmachung zu verlesen:

Es ist zu kalt!

Es ist zu kalt für die heiße Phase eines anständigen Marathontrainings, zumindest so lange man kein norwegischer Ultra-Marathon-Veteran ist. Und zu viel Schnee ist auch, vor allem in den Schuhen. Ich hatte den Verdacht schon länger, wollte es aber nicht wahrhaben und bin stur weiter gelaufen, genau wie meine Nase. Dann hat die Grippe geschafft, wozu die Vernunft nicht imstande war: Das Angeber-Trainingsprogramm langfristig zu unterbrechen. Es geht mir schon wieder besser, aber ich werde in den nächsten zwei Wochen nicht aufholen können, was ich in den letzten zwei verpasst habe. Ich werde am 26. Februar trotzdem erst mal loslaufen, ist schließlich alles schon organisiert. Ich bin nur etwas kleinlauter in der Benennung meiner Erfolgsaussichten. Mein ursprünglicher Plan war es, den Tokyo Marathon in erster Linie mithilfe eines rigorosen 10-Wochen-Intensivtrainings zu absolvieren. Mein neuer Plan ist, den Tokyo Marathon in erster Linie mit Gottvertrauen und gutem Willen zu schaffen. Denn der Wille ist noch da, ich bin weiterhin hoch motiviert. Aber ich weiß auch, dass Kopf eben nicht alles ist, egal was die Motivationsseminarspinner sagen. Bein ist auch wichtig, und meine Beine haben in den letzten Tagen mehr Zeit auf der Couch als im Park verbracht.

So eine Grippe hat natürlich auch enorme Vorteile. So weiß ich inzwischen wirklich alles über die Entstehung aller Alien-Filme, und ich habe schon die komplette BBC-Krimiserie Luther gesehen, die Sie ab Sonntag sehen werden.

Wenn sie Ihnen nicht auf Anhieb gefällt, gucken Sie gefälligst nächste Woche wieder rein. Solange bis es Ihnen gefällt, hat bei mir auch geklappt. Ich habe am Sonntag frei und kann endlich Vier Fliegen auf grauem Samt schauen, aber Sie haben die erste Staffel Luther als Hausaufgabe. Die zweite ist freiwillig, weil die nur für Zuschauer mit Nerven wie Drahtseile ist. Will sagen: Die erste Staffel hat mir gut gefallen, aber erst bei der zweiten musste ich öfters fast heulen vor Glück. Lag vielleicht auch an den Medikamenten, aber höchstens ein bisschen.

Apropos irgendwas (mir fällt gerade keine Überleitung ein): Sie erinnern sich an Megumi Sakurai? Ich mich an manches leider zu gut. Da Megumi mitunter Poesie in deutscher Sprache schreibt, hatten wir es schon lange locker ins Auge gefasst, ein paar ihrer Gedichte hierzulande in Umlauf zu bringen. Mit ein wenig Hilfe meinerseits und viel Engagement der Herausgeberin Andrea Herrmann ist nun das Gedicht „Mädchen in dem grünen Wald“ in der aktuellen Ausgabe der Lyrik-Zeitschrift Veilchen erschienen, ein weiterer Text folgt in der nächsten Ausgabe. Lesen Sie mal wieder ein Gedicht. Hat mir auch nicht geschadet.

Neulich im Schloss

Sollten Sie es am vergangenen Wochenende nicht ins Schloss Schönebeck zu meinem Vortrag zum Thema Manga und meiner Lesung zum Thema Niedlichkeit geschafft haben, trösten diese seltenen Dokumentaraufnahmen Sie vielleicht ein wenig (oder legen die Bilder den Finger etwa noch tiefer in die Wunde?!).

Entgegen anders lautenden Gerüchten spiele ich auf diesem Foto keineswegs Klavier (vielleicht beim nächsten Mal):

Im Dunkeln ist meine Hello-Kitty-Krawatte noch schlechter als solche (oder überhaupt) zu erkennen, als ohnehin schon.

Man zwang mich auch zum Wiegen auf der schlosseigenen Kitty-Waage:

Gottlob wiege ich nichts mehr, seit ich im Training bin.

Ich bedanke mich bei allen, die gekommen sind, und selbstverständlich ganz besonders bei allen, die an beiden Abenden gekommen sind, obwohl der Eintritt kein Pappenstiel für Taschengeldempfänger war. Ich bin ganz ehrlich noch immer ganz gerührt.

Die Zeitung war netterweise auch da. Im guten alten journalistischen Stille-Post-Spiel können schon mal Zahlen durcheinandergewirbelt und Aussagen grob verallgemeinert werden – das sehe ich nicht eng, merke aber trotzdem an, dass ich jede Schuld von mir weise.

Dafür verbürge ich mich für die Richtigkeit der Angaben in meiner filmischen Altjahresansprache.

Sie werden mich noch kennenlernen

… wenn Sie am übernächsten Wochenende im Bremer Schloss Schönebeck sind. Anlässlich des dortigen Japanischen Frühlings übernehme ich an zwei Tagen das Abend-Infotainment. Jeweils der erste Teil besteht aus gesprochenen Worten und visuellen Hilfsmitteln, danach gibt es jeweils einen Film, den ich zwar selbst ausgesucht, aber nicht selbst gemacht habe (keine Sorge).

Weitere Details auf der Live-Seite meiner Homepage.

Apropos Homepage: Waren Ihnen bisher meine zu Tode gephotoshopten Kindheitsbilder ebendort ein Dorn im Auge, so wird es Sie über alle Maßen freuen, dass ich auf der Kontakt-Seite und der Biografie-Seite soeben neue Bilder eingepflanzt habe, die die nackte Wahrheit zeigen (ich selbst bleibe angezogen).

Es ist offiziell: Fips Asmussen übernimmt „Wetten dass ..?“

Huch, war doch nur ein Traum. Ein Traum, der im harschen Licht der Leselampe zerplatzt wie eine Seifenlase an einem Amboss, auf dem ein Dunkelgnom eine Schattenklinge schmiedet, in einem scheußlichen Fantasy-Roman voller misslungener Metaphern.

Ich habe Wetten dass ..? nicht mehr gesehen, seit Frank Elstner das nicht mehr macht. Dass das so ein junger Luftikus mit langen Haaren übernommen hat, kann ich bis heute nicht gutheißen. Wenn es mit dem deutschen Fernsehen so weitergeht, dann haben wir bald amerikanische Verhältnisse, wo jeder zehn oder sogar zwölf Sender empfangen kann und die Kinder Coca-Cola trinken dürfen.

Gestern aber wollte ich mal nicht so sein, es ist schließlich Weihnachten, und mal wieder in die beliebte Samstagabendshow hineinschauen. Leider bin ich nach fünf Minuten erneut eingenickt und dabei wohl an der Fernbedienung aufgeschlagen, aber jetzt weiß ich, wie es wirklich ist: Pierce Brosnan übernimmt Wetten dass ..?! Und Thomas Gottschalk wird der neue Bond, in Doppelmoderation mit Mike Krüger, der auch den Song zum neuen Agenten-Abenteuer GoldNasen einsingen und sich dabei auf der Gitarre begleiten wird.

Ansonsten gibt es zu gucken und zu lesen:

Black Butler 1

Tom Rob Smith: Agent 6

Lieber Journalismus, bitte nehmen Sie sofort Ihren Finger aus meiner Wunde, meine Nippel tun schon genug vom Laufen weh!

Mitunter halte ich mich in der Küche auf, dort läuft immer das Radio. In meinem Radio laufen zum Glück nur gute Sendungen, über Bücher, Revolutionen und Neuerscheinungen der Deutsche Grammophon. Aber manchmal vergreifen sich die Moderatoren im Ton, so wurde unlängst ein Sachbuchautor für einen Journalismus gelobt, „der den Finger in die Wunde legt.“

Ich finde daran nichts Lobenswertes. Hat es irgendeiner Wunde je bei der Heilung geholfen, dass ein Finger in sie gelegt wurde? Sicherlich kann man mit dem in die Wunde gelegten Finger auf diese aufmerksam machen. Aber die meisten Wunden sind ja nicht gerade so gut versteckt, dass ohne Sado-Journalisten niemand etwas von ihnen mitbekommen würde. Sollte ein ordentlicher Journalismus nicht lieber einer sein, der bei Anblick einer Wunde ruft: „Ist zufällig ein Arzt anwesend?!“ Ein Journalismus, der Wunden heilt, oder zumindest zur Heilung von Wunden beiträgt. Das wäre ein Journalismus, den ich mir loben würde.

Es gibt nichts Schrecklicheres als die Phrase vom Finger in der Wunde. Außer Krieg und Hungersnot vielleicht. Oder Schimmel auf dem Pesto, oder das gemeinsame Album von Lou Reed und Metallica. Eigentlich gibt es jede Menge Schrecklicheres als die besagte Phrase, wenn man es genau bedenkt, aber ich reagiere in letzter Zeit häufig voreilig und emotional, weil meine Nippel so sensibel sind.

Sie wissen ja, mir ist da neulich wg. Midlife-Crisis ein Malheur passiert, und jetzt muss ich immer viel laufen, und zwar nach Anleitung, sonst wird das nichts. In meiner Anleitung ist eine Merkliste, was man nicht einzupacken vergessen darf, wenn man sich auf den Weg nach bzw. zum Marathon macht. Ein paar der Dinge leuchteten mir sofort ein (Schuhe, Socken, Seife), aber einen Punkt fand ich doch albern: „Pflaster (Brustwarzen)“. Das war mir zu kinky, ich will schließlich Marathon laufen, nicht CSD-Parade. Eins nach dem anderen.

Aber inzwischen weiß ich: Menschen, die Bücher übers Laufen schreiben, wissen oft mehr über das Laufen als Menschen, die Bücher über das Laufen bloß lesen und hinterher leicht süffisant dumme Witzchen darüber machen.

Meine Brustwarzen tun höllisch weh.

Aber ich habe daraus gelernt und renne nicht mehr ohne Pflaster aus dem Haus. Tatsächlich sind meine Nippel in genau diesem Moment überklebt, und ich fühle mich gut dabei. Ein Foto erspare ich Ihnen. Würde ich selbstverständlich nicht ersparen, wenn ich Hello-Kitty-Pflaster hätte, aber die gibt es leider nicht in Erwachsene-Brustwarzen-Größe. Selbstverständlich habe ich danach gesucht, was ist denn das für eine komische Frage?! Für mein Laufprogramm habe ich aber nur dies aus dem HK-Programm gefunden:

Das Bye-Bye Boo Boo Therapeutic Ice Pack (fantastisch: Bye-bye, Boo Boo! Hello, Kitty!) hilft bestimmt auch, wenn einer einem mal wieder einen Finger in die Wunde gelegt hat. Ich bin für einen Journalismus, der das Hello Kitty Bye-Bye Boo Boo Therapeutic Ice Pack auf die Wunde legt!

Diese neuen Besprechungen aus meinem Besprechungslabor legen keinen Finger in die Wunde, sie haben keine Ecken und Kanten, sitzen nicht zwischen Stühlen und sie gehen auch nicht an Grenzen. Sie gehen nur soweit die Nippel tragen:

Film

Haunters

The Man from Nowhere

Paranormal Activity – Tokyo Night

Buch

Laura Joh Rowland: Der Wolkenpavillon

Haruki Murakami: 1Q84 Buch 3

Ich bin Nummer 13191

Beim Pflegen meiner Korrespondenz ist es mir heute wieder eingefallen: Ich habe mich für den Tokyo Marathon im nächsten Februar angemeldet. Nun ist es mir ein Anliegen, dies öffentlich zu machen, um mir weniger Fluchtmöglichkeiten zu lassen.

Ende August lief die Anmeldefrist ab. Ich war lange unentschlossen, ob ich noch ein Jahr warten sollte oder nicht, aber man weiß ja, wie schnell aus einem Jahr zehn werden. Ich wollte nicht riskieren, dass mir die jüngst diagnostizierte Gicht (Abb. unten) noch den ganzen Fuß abbeißt, bevor ich die Chance habe, einmal im Leben bei diesem Unsinn mitzumachen.

Ich beschloss, mir im August die Seele aus dem Leib zu laufen, um so meine Verfassung zu prüfen und auf Grundlage dieser Prüfung meine Anmeldung abzuschicken oder nicht. Dann war es aber total heiß, und ich dachte mir: Ich bin doch nicht blöd! Mutige Entscheidungen kann man auch anders treffen, nämlich indem man auf dem Sofa liegt und so lange Bockbier in sich reinkippt, bis man alles unterschreibt. Das habe ich dann gemacht.

Abends noch zu heiß, abends schon zu dunkel, morgens zu viel Arbeit, Fuß kaputt (wir berichteten). Obwohl ich dank Zipperlein und Launen also noch nicht so intensiv im Training bin, wie man es sechs Monate vor dem Lauf sein sollte, fühle ich mich gut vorbereitet. Ich habe schon ein Buch über Marathonlaufen gekauft und rechne fest damit, dass ich es bald wiederfinde. Ich suche übrigens darüber hinaus auch noch nach Sponsoren (am liebsten Sanrio).

Einen Haken hat die Sache: es melden sich immer neunmal so viele Bekloppte an, wie letztendlich teilnehmen dürfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich wirklich von Regierungsgebäude bis Big Sight zu Fuß laufen muss, ist also zum Glück gering.

Weniger anstrengendes Thema: Ich alter Omega-Blogger habe mal wieder anderswo was Anderes geschrieben. Nämlich Filmbesprechungen:

Colombiana

Garden of Sinners – Film 4: Der leere Tempel

Und Buchbesprechungen:

Jean-Christophe Grangé: Im Wald der stummen Schreie

Timothy Hallinan: Die Poke-Rafferty-Romane

Leif Randt: Schimmernder Dunst über Coby County