Japan jetzt erst recht: Ohne mich geht mein Yen nirgendwo hin (oder: Ich hab noch Guthaben auf meiner Pasmo)

Seit meiner letzten Rückkehr aus Japan im Dezember habe ich 9000 Yen in meinem Portemonnaie. Ich hatte sie zunächst aus reiner Zerstreutheit nicht zurückgetauscht, später dachte ich mir: Ich lass die jetzt so, das nächste Mal kommt bestimmt.

Und das tut es auch. Jetzt erst recht. Lieber morgen als übermorgen, wenn es nach mir ginge. Japan ist stärker als die Katastrophe. Das Beste, was mir im Leben widerfahren ist, ist mir in Japan widerfahren, und das Beste davon in Tokio. Ich bin viel zu selbstsüchtig, um dieses Kapitel abzuschließen, und viel zu bequem, mir eine neue Passion zu suchen. Ich bin noch nicht fertig mit Japan und den Japanern, und ganz bestimmt nicht mit Tokio. Das ist das, woran ich jedes Mal denke, wenn ich jetzt irgendwo zur Kasse gebeten werde und die Yen in meiner Brieftasche sehe. Die bleiben da, wo sie sind, bis ich sie in ihrer natürlichen Umgebung aussetzen kann, wo sie mit anderen ihrer Art spielen und sich vermehren können.

Wo werde ich sie auf den Kopf hauen? Ich muss nicht lange nach Möglichkeiten suchen. Wie jeder Mensch (oder Mann?) räume ich in meinem Portemonnaie nur alle drei Schaltjahre auf, und so finde ich dort bei jeder Fahrkartenkontrolle durch den Münchner Verkehrs- und Tarifverbund als erstes meine japanische Tower-Records-Treuekarte.

Ich werde meinen Treueeid auf jeden Fall vor dem vorläufigen Verfallsdatum Ende des Jahres erneuern.

Oder verprasse ich die Yen doch lieber beim Schnick-Schnack-Schnuck mit fremden Mädchen, obwohl das seinerzeit als einmaliges Experiment gedacht war?

Gerne würde ich auch noch ein paar Hemden zu der sympathischen Dame in Sangenjaya bringen, an die ich das Waschen und Bügeln outgesourcet hatte, als ich in der Gegend wohnte. Es ist nicht so, dass ich unbedingt meine Reinigungsrabattstempelkarte vollbekommen müsste. Wichtiger wäre mir die Gewissheit, dass es der Dame und ihrem angenehm duftenden Geschäft gut geht.

Den vorvergangenen Freitag verbrachte ich verpackt in die Watte aus Schock und egoistischer Erleichterung, dass mein unmittelbarer Freundes- und Bekanntenkreis mit ein paar heruntergefallenen Bildern und zerbrochenen Spiegeln davongekommen war. Inzwischen hat freilich die Erkenntnis eingesetzt, dass der Schrecken noch nicht vorbei ist, und dass auch jenseits des eigenen Tellerrandes Menschen (hoffentlich) leben.

Viele, sehr viele solcher Menschen überholten mich regelmäßig, wenn ich dauerlaufend meine Runden um den Kaiserpalast in Tokio zog. Den einen oder anderen Menschen überholte ich selbst, aber viele waren es nicht, und vielleicht waren das doch eher Spaziergänger als Jogger. Wie dem auch sei, ich hoffe, dass wir uns noch häufiger überholen und überholen lassen werden. Nicht umsonst habe ich immer meine Besucherkarte der Runsta (Runner Station) nahe des Palastes dabei, wo man sich umziehen, duschen und widerliche Promo-Getränke hinter die Binde kippen kann. Die Stempelei wird weitergehen. Bis ich meinen Gratis-Besuch zusammenhabe.

Da habe ich mir ja viel vorgenommen. Und wie komme ich da überall hin? Kein Problem, es ist noch Geld auf meiner Pasmo-Geldkarte für Bus und Bahn und mehr. Das lasse ich nicht verkommen, so bin ich nicht erzogen.

Wo es hier um Dinge geht, die weitaus mehr Wert haben als ihren materiellen, fällt mir abschließend noch diese Episode ein: Gestern lief mir ganz plötzlich und ganz schlimm auf offener Straße die Nase. Ich durchtastete alle Taschen meiner Kleider, aber ich hatte keine Taschentücher hineingesteckt. Es war auch kein Laden in der Nähe, und kein Gegenstand, der sich zweckentfremden ließe. In lauter Verzweiflung warf ich einen Blick in meine Herrenhandtasche, obwohl ich wusste, dass der vergeblich sein muss, denn ich bringe darin niemals Taschentücher unter. Eigentlich. Aber uneigentlich fand ich:

Eine japanische Freundin hatte sie mir vor ein paar Wochen als Ironie-Omiyage dagelassen, als sie auf Deutschlanddurchreise war. Sie hatte gesagt: „Das sind die besten Taschentücher der Welt!“

Und das sind sie auch.

P.S. und ähem: Es sind noch Bücher da

Ich will nicht angeben, aber dieser Blog hat viele Leser, ich prüfe das. Die sind nur etwas schüchtern. Das ist überhaupt nicht schlimm, ich finde das attraktiv. Dennoch sollten Sie über Ihren Schatten springen, und sich den Beitrag, der gleich hinter diesem kommt, zu Gemüte führen und entsprechend handeln. Das eine oder andere Buch ist noch da. Vielen Dank an dieser Stelle denen, die schon mitgemacht haben. Waren alles Mädchen Damen, hihihi. Was ist los, Männer?