Der Zen-Moment zur Weihnachtszeit: Ein Kaffee am Meer

Als ich heute ein Stündchen zur freien Verfügung hatte, setzte ich mich in ein Café, um Bohnenkaffee zu trinken und mich der Lektüre hinzuschenken. Der Kaffee war gut, das Buch war gut, die Musik durchaus angenehm. Das erste Stück, das mir bewusst auffiel, war eine Softjazz-Nummer von einem Album, das ich selbst besaß. Ich hatte es einst in meiner Softjazz-Phase gekauft. Die ist zwar vorbei, und ich kann mir nicht mehr recht zusammenreimen, wie sie überhaupt passieren konnte (vermutlich irgendwas mit Mädchen), aber heute freute ich mich über das Wiederhören. Ich musste allerdings feststellen, dass es sich nicht ganz um die Version handelte, die ich von zu Hause kannte. Die, die im Café lief, war ganzheitlich mit sanftem Meeresrauschen unterlegt. Das war zwar etwas nah am Kitsch, passte aber vielleicht gerade deswegen ganz gut.

Ich schmunzelte ein wenig, als ich merkte, dass auch die Lieder, die danach kamen, und die ich mehrheitlich nicht kannte, mit diesem Meeresrauschen akustisch aufgehübscht waren. Wahrscheinlich, so dachte ich, handelte es sich um eine spezielle Meeresrauschenkompilation. Man hätte schon von seltsameren Dingen gehört. Möglicherweise wurde so etwas extra für die Einlullungsgastronomie zur Verfügung gestellt, und warum auch nicht.

Erst als ich nach abgelaufener Freizeit aufstand und mich zum Gehen wandte, bemerkte ich meinen Wahrnehmungsfehler. Das Meeresrauschen war keinesfalls eine bewusste, nur unter Studiobedingungen von ihr zu trennende Beigabe zur Musik. Ich saß lediglich in der Nähe der Toiletten. Was ich hörte, war das künstliche Wasserrauschen, mit dem häufig in öffentlichen japanischen Bedürfniskabinen belastende Töne übertüncht werden. Meistens muss man diese Geräuschkulisse selbst hinzuschalten. Manchmal allerdings, wie in dem Café, das ich gewählt hatte, läuft sie dauerhaft, und der Nutzer hat allenfalls eine Opt-Out-Option.