Making of Yoyogi Park, Episode 4: Autopsie & Gastronomie

Dies ist voraussichtlich die letzte Folge der Reihe von Hintergrundberichten zur Entstehungsgeschichte meines Romans Yoyogi Park, der seit April im sehr gut sortierten Buchhandel erhältlich ist. Vielleicht kommt noch eine Überraschungsfolge, aber das soll eine Überraschung werden. Bitte tun Sie dann überrascht.

Vielleicht haben Sie sich schon immer gefragt: Mensch, wo werden eigentlich in Tokio Leichen zwecks Autopsie aufgeschnitten? Es gibt natürlich mehrere Orte, aber einen können wir uns ansehen, wenn wir durch dieses Tor den Hongo-Campus der Universität Tokio betreten:

Immer geradeaus, und dann ist es dieses Gebäude:

Leider kommen wir da nicht rein, wir sind ja weder Mediziner noch Leichen. Nicht weit davon gibt es immerhin ein neurologisches Museum, wo man sich gratis Gehirne ansehen kann:

Appetit bekommen? Wer nicht. Das fiktive kuschelige nachbarschaftliche Nudelrestaurant Genki, in dem Yuka und ihre Freundin Sam gerne essen, basiert auf einem echten kuscheligen nachbarschaftlichen Nudelrestaurant namens Genki, diesem hier:

Ich hatte so viel Anstand, innen keine Fotos zu machen.

Ich bin der Meinung, diese moderne flimmernde Werbeanzeigetafel im Vordergrund wäre erst dieses Jahr dazugekommen, aber meine Frau meint, die wäre schon immer da gewesen. Jetzt kann es ja gesagt werden: Wohnung und Nachbarschaft von Inspector Sato basieren auf der ehemaligen Wohnung und Nachbarschaft meiner Frau, die Wohnung und Nachbarschaft des Mörders basieren auf meiner eigenen ehemaligen Wohnung und Nachbarschaft. Die Personen, die dort im Roman leben, sind allerdings nicht von den Personen inspiriert, die dort in Wirklichkeit mal gelebt haben.

Wer lieber das Hundertfache für ein Abendessen ausgibt, kann es wie Yuka Sato und Kaito Matsuyama machen und in Joël Robuchons Restaurant in Ebisu dinieren. Es ist nicht zu übersehen:

Ich hatte dort weitaus mehr Spaß als die Figuren meines Romans. So viel, dass ich hinterher nicht mehr die Kamera geradehalten konnte. In diesem Sinne: Guten Appetit & gute Nacht.

Making of Yoyogi Park, Episode 3: Shinjuku

Shinjuku, Wimmelzentrum im westlichen Tokio und Heimat des geschäftigsten Bahnhofs der Welt, stellt zwei Schauplätze in meinem Kriminalroman Yoyogi Park.

Westlich von Shinjuku Station gibt es zunächst die bahnhofsgegendübliche Mischung aus Kauf-, Ess- und Trinkgeschäften (siehe oben), nach etwas längerem Fußmarsch findet man unter anderem das Stadtregierungsviertel und den Tokyo Opera City Tower mit Theater, ein paar Cafés und etlichen Büros. Dort habe ich die Studios und Büros des fiktiven Fernsehsenders hineinfantasiert, bei dem der fiktive Fernsehproduzent Kaito Matsuyama arbeitet. Als ich selbst dort war, wusste ich das leider noch nicht, deshalb habe ich nur ein einziges Foto dort geschossen beziehungsweise schießen lassen, das zu diesem Buch in keinerlei Beziehung steht:

Es wurde aufgenommen in einem Café in einem der oberen Stockwerke. Von dort hat man mit der richtigen Brille eine Aussicht über Shinjuku (und einiges mehr), die dieser sehr ähnlich ist:

So in etwa dürfte Kaito das aus seinem Büro sehen (die Brille ist jedoch nicht seine). Möglicherweise hat er von dort sogar Blick auf den Yoyogi Park, sehr verdächtig:

Östlich des Bahnhofs ist das Vergnügungsviertel Kabukicho, östlich von dem wiederum das Kneipenviertel Golden Gai. Das lässt sich verschiedentlich übersetzen, ich habe mich im Roman für die Variante ‚Goldene Straße‘ entschieden, aus poetischen Gründen. Dabei handelt es sich eigentlich nicht um eine, sondern um mehrere enge und kurze Straßen, in denen eine Mini-Kneipe an der anderen steht:

Keine von denen heißt ShiroX. Außer der in meinem Roman, die ich erfunden habe, und in der sich gewisse Ereignisse dramatisch zuspitzen.

Wegen ihrer geringen Größe sind die Kneipen in der Goldenen Straße vor allem Orte für Stammkunden. Einige lassen gegen Aufpreis aber auch Fremde, manchmal sogar Ausländer, rein, wenn gerade Platz ist. Ich verbrachte einmal einen recht vergnüglichen Abend im Cremaster, benannt nach Matthew Barneys gleichnamigen Kunstfilmzyklus. Die Bedienung des Abends briet mir fette Fleischbrocken als Zugabe zum Bier, und ich brachte es nicht übers Herz ihr zu sagen, dass ich zu jenem Zeitpunkt fast sowas wie ein richtiger Vegetarier war. Es schmeckte sehr gut. Im Gegenzug rückte ich ihr Deutschlandbild ein wenig zurecht. Sie wusste nämlich vorher nur zwei Dinge darüber: dass es dort jeden Tag schneit, und dass die Landessprache Englisch ist (stimmt ja auch bald). Wir wollen die Mücke nicht elefantisieren, in Deutschland herrschen sicherlich kuriosere Ansichten über Japan.

Selbstverständlich ist die Goldene Straße ein Ort großer philosophischer Erkenntnisse:

Auf dieser lebensbejahenden Note wollen wir heute enden und sehen uns nächstes Mal an, wo die Polizei ihre Leichen aufschneiden lässt.

Making of Yoyogi Park, Episode 2: Tokyo Metropolitan Police Department (Keishicho)

Inspector Yuka Sato, Hauptfigur meines Kriminalromanes Yoyogi Park, arbeitet nicht irgendwo, sondern in der Hauptzentrale des Tokyo Metropolitan Police Department im Stadtteil Kasumigaseki, weil für die Unterhaltungsliteratur die größte Nummer gerade groß genug ist. Sie hat also ihren Schreibtisch in diesem Gebäude:

Yuka kommt zwar mit der U-Bahn zur Arbeit, allerdings nicht über die günstig gelegene Sakuradamon-Haltestelle im Bild, sondern von der Station Kasumigaseki (nicht im Bild), sie betritt das Gebäude also von hinten, hätte beim Weg zur Arbeit diesen Anblick:

Das Gebäude hat viele Eingänge, ohne Dienstausweis lässt sich keiner davon betreten. Sonst kommt ein Wächter mit langem Stock:

Ich hatte anfangs die Theorie vertreten, der Stock sei als Rasthilfe gedacht, wo die Wachtposten doch die meiste Zeit stehen müssen und ich Japan alltags immer als sehr friedfertig und gewaltlos erlebt habe. Doch ist das Requisit in der Tat zur Abschreckung und darüber Hinausgehendes gedacht. Wäre Japan gar so friedlich, müsste man ja auch keine Kriminalromane dort ansiedeln. Oder Polizisten einstellen. Schnell weiter, er guckt schon so komisch.

In der Nähe der Polizeizentrale liegt der Kaiserpalast, dessen Grundstück Yuka von ihrem Bürofenster aus sehen kann, und um den sie bisweilen ein paar Runden im Dauerlauf dreht (war allerdings schon mal mehr). Dort hat sie u. a. diesen Anblick:

Selbstverständlich kann man statt der U-Bahn auch das Polizeiauto zur Arbeit nehmen (wenn man eines hat), ein Modell sieht so aus:

Im Hintergrund das Justizministerium, praktischerweise genau gegenüber der Polizeizentrale.

Zu meiner Enttäuschung ist auf den Polizeiwagen nicht das Polizeimaskottchen Pipo-kun (von ‚People‘ und ‚Police‘) abgebildet. Gleichwohl konnte ich ihn auf einem Polizistenreisebus ausmachen:

Niemand weiß genau, welcher Spezies Pipo-kun angehört. Er ist aber nicht allein:

Über der Pipo-Familie die Anregung, im Straßenverkehr Rücksicht walten zu lassen. Das Bild ist in diesem Zusammenhang ein bisschen geschummelt, denn es wurde in Roppongi aufgenommen. Seien Sie unbesorgt, dieses furchtbare, freudlose Viertel der vergossenen Tränen und verschütteten Cocktails kommt im Roman nicht vor. Dafür umso mehr im nächsten, deshalb war ich dort im Februar auf Recherchespaziergang. Dabei knipste ich außerdem ein Polizeihäuschen, ein koban, die kleinste Einheit unter den Polizeirevieren:

Dieses scheint mir direkt geräumig. Andererseits gibt es wohl in Roppongi einiges zu tun.

Falls Sie jetzt sagen: „Och bitte, noch ein Foto von unattraktiven Polizeigebäuden – die sehe ich so gerne!“ Dann sage ich: „Na gut, aber nur noch eines!“ Der Stadtteil Harajuku ist einer der hauptsächlichen Handlungsorte des Romans. Er hat sein eigenes Polizeirevier, dieses:

(Nicht weit vom berühmten Birkenstock-Laden, falls Sie es mal besuchen möchten.) Dieses Revier spielt im Roman nur eine indirekte Rolle. Warum es nur eine indirekte Rolle spielt, spielt derweil eine direkte Rolle.

Und das nächste Mal geht nach Shinjuku und in die Goldene Straße.

Wer Bilder gerne größer sieht, kann Making of Yoyogi Park mit Zeitverzögerung auch hier lesen.

Making of Yoyogi Park, Episode 1: Yoyogi Park und Harajuku

Sollte ich es noch nicht erwähnt haben: Mein Kriminalroman Yoyogi Park erscheint im April im Conbook Verlag, und an dieser Stelle möchte ich episodenartig Fotobeweise und andere sachdienliche Hinweise zu den realen Spielorten und fiktiven Begebenheiten im Buch präsentieren. Fangen wir am Anfang an: Im Yoyogi Park. Wer dort hin möchte, kommt wahrscheinlich erst mal am Bahnhof Harajuku an, welcher folgendermaßen aussieht:

Ja, es kann voll werden. Voller zum Beispiel als am Bahnhof Bremen-Schönebeck, obwohl die Größe vergleichbar ist. Links vom Betrachter aus geht es zum Park, rechts in die Takeshita Dori, die beliebte Einkaufsstraße für den etwas ausgefalleneren Modegeschmack:

In einer Seitenstraße der Takeshita Dori findet man die Boutique L’Eclair Noblesse (für die Hauptstraße ist sie sich zu fein). Stimmt gar nicht, die habe ich mir ausgedacht. Aber wenn es sie geben würde, würden diese Damen dort bestimmt einkaufen:

Jetzt sind sie bereits fertig mit Einkaufen, deshalb treiben sie sich auf der Eisenbahnbrücke zum Yoyogi Park herum. Nicht weit davon spielen am Rande des Parks gerne Bands auf:

Auf diesem Platz mit den praktischen, zielscheibenartig konzentrischen Kreisen wollte ich ursprünglich im Finale des Romans einen Helikopter landen lassen:

Der Platz war allerdings doch zu weit vom Geschehen entfernt, und die Zeit war knapp. Deshalb habe ich mich für eine semifiktive Lichtung anderswo entschieden (nicht im Bild). Der Platz ist trotzdem relevant, denn mitunter tanzen dort enthusiastische Rockabillys (leider ebenfalls nicht im Bild), die einen Gastauftritt im Roman haben.

In den Park selbst kommt man durch imposante Holztore:

Hauptattraktion des Parks ist der Meiji-jingu, Tokios größter Shinto-Schrein. Mörder und Polizisten haben keine Zeit zum Sightseeing, trotzdem kommen auch sie am Schrein nicht vorbei (bzw. eben doch).

Sehe gerade, dass sich eine Freundin von mir im Bild versteckt hat (wenngleich nicht besonders gut). Im Roman kommt sie nicht vor.

Bei der finalen Verfolgungsjagd kommen Verfolgter und Verfolgerin an diesen Sake-Fässern vorbei, aber sie haben kein Auge dafür (deshalb habe ich auch vergessen, sie zu erwähnen):

Malerisch? Ein bisschen weiter vorne rechts könnte eine Leiche liegen:

Bemerken Sie den Fehler?

Dieses Teehaus steht gar nicht im Yoyogi Park, sondern im Ueno Park. Es hat mich allerdings zu dem fiktiven Yoyogi-Teehaus meines Romanes inspiriert.

Und in der nächsten Folge kommen Sie mit zur Polizei!

Making of Yoyogi Park, Episode 0: Was bisher geschah

Liebe Lesende, dies ist die Pilotfolge einer neuen Serie zu realen Orten und Begebenheiten, die den Weg in meinen komplett ausgedachten Kriminalroman Yoyogi Park gefunden haben. Weil ich heute zu bequem bin so richtig damit anzufangen, möchte ich nur auf zwei alte Kamellen lenken, in denen bereits sachdienliche Hinweise angelegt waren, ohne dass ich damals etwas davon ahnen konnte.

Ein wichtiger Ort in der Romanhandlung ist ein fiktives Maid Café in Akihabara. Ich kann nicht verhehlen, dass es eine gewisse Ähnlichkeit mit dem real existierenden Maid Café in Akihabara hat, das ich einmal zum aufklärerischen Zwecke besucht habe.

Das dramatische Finale des Romans platzt in eine Parade hinein, bei der tragbare Schreine, sog. mikoshi, samt Träger mit von der Partie sind. Einmal war ich selbst einer von denen.

Weil an diese Stelle ein Bild gehört, hier eines vom Titelpark des Buches:

So gesellig geht es dort im Roman allerdings nicht zu, denn … ES IST EIN MORD GESCHEHEN!