Nach den Achtungserfolgen von Teil 1 und Teil 2 nun der dritte, überraschend lineare Teil meiner ansonsten non-linearen Nightmare-on-Elm-Street-Retrospektive.
Jetzt bitte alle die Freddy-Vision-Brillen aufsetzen, denn es ist Zeit für Freddy’s Finale – Nightmare on Elm Street 6.Schlagwort-Archive: Film
Generation Freddy (Teil 2 von 3)
Was bisher geschah: Siehe letzte Woche.
Wo waren wir stehen geblieben? Wen kümmert’s, weiter geht es bei meiner non-linearen Nightmare-on-Elm-Street-Retrospektive mit Freddy vs. Jason. Zu meiner eigenen Überraschung, denn den wollte ich eigentlich aussparen. Doch der Algorithmus spülte ihn mir hoch, und das Herz begehrt nun mal, was das Herz begehrt. Da kann der Verstand mitunter nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und kapitulieren. Freddy vs. Jason ist einer dieser Filme, an dessen Skript sich angeblich jahrelang diverse prominente Horrorautoren versucht haben. Zum Schluss schlackerte der Endverbraucher mit den Ohren, rieb sich die Augen und fragte baff: „Und dann habt ihr das genommen?“ Das Autorengespann Dings und Bums hatte vor Freddy vs. Jason nichts gemacht und wurde hinterher zu Baywatch verdonnert. Eigentlich handelt es sich bei ihrem Debüt nicht, wie man angesichts des Titels meinen könnte, um ein demokratisches Crossover der Nightmare- und Freitag-der-13.-Serien, sondern um eine Fließband-Nightmare-Folge mit ein paar Gastauftritten von Freitagskiller Jason. Angesichts des unüberbrückbaren Niveaugrabens zwischen den Franchises muss man sagen: Zum Glück.Generation Freddy (Teil 1 von 2. Oder 3. Oder 4, wenn es komplett aus dem Ruder läuft.)
Um gleich auf die Überschrift einzugehen und ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern: Unter diesem Titel (‚Generation Freddy‘) habe ich 2009 (ja, ich habe nachgesehen) zum ersten Mal versucht, ein sentimentales Memoir über meine Liebe zum Horrorgenre Verlagen zur Publikation anzubieten, quasi eine punktuelle Autobiografie des Horrorfans als Horrorfan. Meine Agentin fand die Idee nicht schlecht, doch verlagsseitig kam immer nur: „Wir auch nicht, aber Horrorfans lesen leider nicht.“ Ich habe immer mal wieder am Konzept herumgefeilt, die Agentur hat immer mal wieder angeboten, stets ohne Erfolg. Jetzt dient der Titel eben als Überschrift für den großen Abschluss meiner Trilogie der Couch-Retrospektiven der drei großen Horrorfranchises der 1980er: Freitag, der 13., Halloween und nun A Nightmare on Elm Street, oder schlicht Nightmare, wie man damals in Westdeutschland sagte, und was wir uns auch hier wieder angewöhnen wollen, der Text wird eh lang genug.
Etwas unterscheidet Nightmare von Halloween und Freitag, der 13. und somit meine Grundeinstellung bei dieser Retrospektive: Nightmare fand ich tatsächlich gut. Gelinde gesagt. Ich sah den ersten Film kurz nach seiner regulären Laufzeit im Bremer Cinema Ostertor bei einer nachmittäglichen Doppelvorstellung (für nächtliche Doppelvorstellungen war ich zu jung) mit Halloween (damals wie heute unbeeindruckend) und war hin und weg. Vermutlich war es meine Geburtsstunde als Horrorfan. Zuvor war ich lediglich gelegentlicher Gutfinder des einen oder anderen Schauerschinkens im Spätprogramm unserer drei Fernsehsender gewesen. In Nightmare – mörderische Träume geht es um den untoten Kinderschänder Freddy Krueger, der sich an den Kindern seiner Lynchmörder rächt, indem er sich in deren Träumen manifestiert. Das soll hier als Inhaltsangabe reichen; in den Fortsetzungen geht es halt um dasselbe. Man findet jedes Mal eine neue todsichere Methode, Freddy Krueger diesmal aber wirklich für immer zu verbannen, nur um im nächsten Jahr herauszufinden, dass es so einfach doch nicht gewesen sein konnte. Obwohl das Konzept also im Verlauf der Serie fraglos überstrapaziert wird und mir schon damals bewusst war, dass es sich nicht bei jeder der Fortsetzungen um eine große cineastische Einzelleistung handelte, fand ich stets, dass Nightmare als Serie ein höheres Durchschnittsniveau hielt als all die vielen anderen Horrorserien, die in jener Ära Schachtelkinocenter und Videotheken vollmachten. Selbst die schwächsten Folgen hatten noch genügend bizarre Einfälle und visuelles Flair, um einem das eine oder andere Schmunzeln ins Gesicht zu zaubern. Und darauf kommt es bei Horrorfilmen doch letztendlich an. Ich erwarte nicht, dass ich das heute anders sehen werde. Was stimmt mich bloß derartig optimistisch? Noch etwas unterscheidet meine Nightmare-Retrospektive von meinen Halloween- und Freitag-der-13.-Retrospektiven: Die letzte ist gar nicht so lange her. Vielleicht zwanzig Jahre. Ich weiß, dem Jungvolk scheint das viel, reicht die Spanne doch aus, um einen Neugeborenen zu einem vollwertigen Erwachsenen heranwachsen zu sehen, der vielleicht, vermutlich versehentlich, selbst bereits neues Leben gezeugt hat. Zwanzigjährige also so, mit ihrem schreienden Nachwuchs im Arm: Mein lieber Scholli, eine verdammt lange Zeit ist das – ein ganzes Leben! Sicherlich, mit 20 hat man einen anderen Geschmack als damals, als man selbst noch fröhlich unter dem Mobile sabberte. Zwischen dem 55-jährigen und 35-jährigen Ich dürfte es derweil eine größere geschmackliche Schnittmenge geben. Damals legte ich mir jedenfalls eine Box mit allen Nightmare-Filmen auf DVD zu, zog mir einen nach dem anderen rein, wie wir schon damals nicht mehr sagten, und erlebte dabei nur zwei Überraschungen; eine große und eine kleine (zu beiden später mehr). Auf sieben Filme hochgerechnet ist das nicht viel. Vielleicht habe ich die Box noch, vielleicht auch nicht. Wer weiß im Streaming-Zeitalter schon so genau, wo die ganzen DVDs abgeblieben sind. Zum Glück tauchten jüngst so gut wie alle relevanten Nightmare-Filme im japanischen Hulu-Programm auf, und ich habe sie mir – für euch! – alle noch einmal angeschaut, bevor sie wieder verschwinden. In der Filmliebhaberei ist kein Platz für buchhalterische Marotten, deshalb fing ich mit Teil 5 an. A Nightmare on Elm Street 5 – das Trauma ist nämlich der, an den ich mich stets am wenigsten erinnere, und auf den ich mich somit stets am meisten freue. Ich erinnere mich sehr wohl daran, dass er mir bei der Erstveröffentlichung gut gefiel, womit ich recht alleine dastand.Vergleichende Filmkritik: Angel (1984) vs. Die Wildgänse kommen (1978)
Heute eine weitere Folge der beliebten Sendereihe ‚Filme, die ich längst gesehen haben sollte, aber irgendwie jetzt erst geschafft habe‘. Diesmal mit Angel (minderjährige Straßenprostituierte und ihre riesige Magnum jagen Serienkiller) und Die Wildgänse kommen (alte weiße Männer ballern in Afrika rum). Klingt nach zeitlosen, vorteilhaft gealterten Meisterwerken für Klassenfahrten und therapeutische Einrichtungen? Wir werden es herausfinden.
Eraserhead in Vegesack
Lange (und damit meine ich: relativ kurz) habe ich überlegt, ob ich überhaupt etwas über David Lynch schreiben sollte, jetzt, wo Sie wissen schon. Man schreibt bei diesen Anlässen ja letztendlich doch nur über sich selbst, und das scheint unangebracht und anmaßend im Schatten dieses viel größeren Geistes.
Der Weihnachtsmann und die Superheldenmüdigkeit: Fakt oder Fiktion?
Sollte ich diesen Blog in diesem Jahr schon für sonst fast nichts genutzt haben, so will ich doch die Tradition ehren, mir hier über die Weihnachtsfilme und Weihnachtsfernsehserien Luft zu machen, die mir in diesem Jahr die Festsaison noch süßer gestalten sollten. Aber ach, dies wird wohl das letzte Mal sein. Nach einem sehr schwachen 2022er-Jahrgang (der entsprechende Beitrag ist beschämenderweise nicht weit unter diesem) ist, so viel sei vorweggenommen, die aktuelle Ausbeute noch niederschmetternder. Vielleicht kann man Weihnachten im nächsten Jahr mal ausfallen lassen. Zumindest medial. Die ‚Flimmerkiste‘ auslassen und (sanfte Geigenmusik setzt ein) sich einfach mal wieder mit der Familie an einen Tisch setzen und Mensch ärgere dich nicht spielen oder Käse erhitzen.
Beginnen möchte ich mit einer Altlast. Im letzten Jahr sahen meine Frau und ich aus Versehen die gesamte erste Staffel der Fernsehserie The Santa Clauses, eine Fortsetzung der Filmserie The Santa Clause mit Tim Allen. Das ganze war so bunt und so konsequent ideenlos, dass es eine gewisse hypnotische Sogwirkung auslöste. Das erlebten wohl viele ähnlich, und ehe man sich versah, zogen die Verantwortlichen bei Disney+ die falschen Schlüsse und verlängerten die Serie. Dieses Jahr allerdings wiederholte sich der ungute Zauber nicht, wir haben nach zwei Folgen den Ausstieg geschafft.Polizei sugoi
Am späten Donnerstagnachmittag habe ich alles gemacht, wie ich es immer mache: Nach dem Bezahlen meines Einkaufs im Supermarkt legte ich mein Portemonnaie neben meinen Warenkorb auf den Einpacktresen, packte meine Waren vom Warenkorb in meinen ‚Wittenberge das Tor zur Elbtalaue‘-Jutebeutel um und dachte mir voller Stolz auf mein Wahlheimatland: Also in Deutschland hätte ich das Portemonnaie nicht so einfach dahin gelegt, während ich Waren umpacke. Auf dem Heimweg dachte ich darüber nach, ob ich mir noch ein Schnickschnack-Bier im Schnickschnack-Bier-Laden oder einen Eismilchkaffee vom Convenience Store gönnen sollte, entschied mich in beiden Fällen aber dagegen, denn man gönnt sich ja sonst so viel. (Hätte ich mich anders entschieden, hätte ich womöglich meinen Fehler früher bemerkt.)
Dann arbeitete ich an den vorerst letzten Schliffen meines im Frühjahr erscheinenden neuen Kriminalromans, bereitete das Abendessen zu (Teriyaki-Huhn; für mehr reicht es während heißer Romanarbeitsphasen nicht), aß mit meiner Familie zu Abend, komplimentierte meine Tochter ins Bett, arbeitete ein bisschen weiter, holte mit meiner Frau ein paar Folgen der wunderschönen neuen Daily-Morning-Soap Boogie Woogie nach, komplimentierte meine Frau ins Bett, ärgerte mich allein ein bisschen mit dem Film Fistful of Vengeance herum (schade, dass der nicht von meinen Steuergeldern finanziert wurde, sonst könnt ich mich noch mehr aufregen), fand schließlich selbst zur Ruh. Ich hatte einen Traum, in dem meine Tochter endlich ihre Gestaltwandler-Fähigkeiten entdeckte und damit am Esstisch allen gehörig auf die Nerven ging. Viel zu früh brach der neue Tag an. Also alles wie immer.Mein Halloween mit Halloween
Die Jüngeren wissen es vielleicht noch nicht: Ich kann Halloween nicht leiden. Weder das kulturell entwurzelte Importfest, diese Horror-Amateurveranstaltung (alternativer Bindestrich: Horroramateur-Veranstaltung), noch die Filmserie, die niemals eine hätte werden dürfen. Also bekomme ich zur Halloween-Zeit immer ganz miese Laune und hervorragende Ideen, diese noch zu steigern. Diesmal: Warum gucke ich mir nicht mal wieder alle Halloween-Filme an? Und falls damit nicht genug Zeit verschwendet sein sollte: Warum schreibe ich nicht meine Gedanken und Gefühle dazu in meinen Blog hinein?
Ganz so schwer wollte ich es mir dann allerdings doch nicht machen und beschloss, mich allein auf die erste Staffel zu konzentrieren (1978 – 1995). Die Rob-Zombie-Filme habe ich stets gemieden und möchte es dabei belassen. Ich nehme Rob Zombie ab, dass er Horrorfan ist. Horrorregisseur ist er nicht. Und die aktuelle Trilogie ist mir zu aktuell, darüber mache ich mir in frühestens dreißig Jahren Gedanken. H20 von 1998 habe ich als „ganz gut“ in Erinnerung, und gute Filme sind hier nicht Sinn der Sache. Außerdem hatte ich beschlossen, nicht in chronologischer Reihenfolge vorzugehen, sondern in lustbasierter. Los ging es (nerviges Synthie-Gegniedel setzt ein) mit Halloween II: Das Grauen kehrt zurück von 1981, weil ich den Verdacht hatte, diesem Film zeit meines Lebens Unrecht getan zu haben. Das erste und bislang einzige Mal sah in ihn als Teil einer Gruppe betrunkener männlicher Teenager in der VHS-Ära. Es war nicht der erste Film des betreffenden Abends, und ich muss wohl eingeschlafen sein. In jugendlicher Arroganz rechnete ich das stets dem Film an, nicht etwa dem Dosenbier.Reinhard Mey verbieten!
Tarako Shampoo
Das da oben wäre ein guter Titel für eine schrullige kleine Independent-Film-Dramedy, finde ich. Eine Story wird sich schon ergeben. Vielleicht etwas über irgendeinen Mann, der sich in irgendeiner Krise befindet (Midlife? Quarterlife?) und eines Tages eine herrlich verrückte junge Frau mit kurzen Haaren kennenlernt (U-Bahn? Schnellimbiss?), die sein Leben ganz schön auf den Kopf stellt (aus der Bahn wirft? durcheinanderwirbelt?). Zum Schluss ist die Frau wieder weg, weil man Paradiesvögel nicht in Käfige sperren kann, und der Mann ein kleines bisschen wehmütig. Aber die Krise immerhin ist vorbei, und er kann die Welt mit neuen Augen sehen. Sundance Publikumspreis.
Aber genug von Tarako Shampoo, reden wir über Weihnachtsfilme. Sie schauen ja hoffentlich auch seit mindestens vier Wochen nichts anderes. Sollten Sie noch nicht angefangen haben, wird es höchste Eisenbahn. Mit diesem kurzen, unvollständigen Ausschnitt aus meiner diesjährigen Weihnachtsfilmkonsumhistorie möchte ich teils anregen, teils warnen.Unsere Saison begann mit einem kleinen Familienstreit. Meine Frau und ich waren uneins, welcher Film missratener wäre: Last Christmas (basierend auf den Werken George Michaels) oder The Family Stone (basierend auf einem Drehbuch von Außerirdischen, die noch nie einem Erdenmenschen begegnet sind). Ausnahmsweise musste meine Frau meiner Argumentation schließlich zustimmen: Beide Filme sind Schmarrn, aber Last Christmas ist zumindest aufrichtiger Schmarrn, der nicht vorgibt, irgendetwas anderes zu sein. The Family Stone hingegen versucht sich am großen amerikanischen Familiendrama, kommt jedoch nur bei Figuren an, die einander und vor allem den Zuschauern gehörig auf die Nerven fallen. Ungeachtet der offensichtlich hohen Ambitionen wird das Ganze als volksnahe Komödie verkauft, deshalb fällt zweimal jemand hin.
Last Christmas hat zunächst nur peripher etwas mit den Liedern von George Michael zu tun. Wird einer unsanft aus dem Schlafe geweckt, läuft halt … Sie wissen schon. Bis man am Schluss voller Freude über so viel Mut zum Schmalz feststellt, dass der Titelsong bereits einen RIESEN-SPOILER (!!!) enthält: „Last Christmas, I gave you my HEART…“ Ein Hoch auf die wortwörtliche Interpretation! Der ganze Filme quasi eine Nachricht von Sam äh Tom! The Sixth Sense! Fight Club! Und alles als romantische Weihnachtskomödie! Aber ich möchte nicht zu viel verraten. Alle Jahre wieder schmeißt uns Netflix gefühlt ein paar hundert lieblos und dilettantisch runtergekurbelte Weihnachtsfilme unter den Baum und lässt uns hoffnungsvoll nach dem einen qualitativen Ausreißer suchen. Single All The Way war er es schon mal nicht. Der Titel-Single lebt wegen Beruf und Lebensstil in San Francisco. Als er zum Weihnachtsfest in die kleinstädtische Heimat fährt, nimmt er aus Gründen, die ich bereits wieder vergessen habe, seinen Mitbewohner und besten Freund mit. Im Kleinstadtidyll müssen die beiden freilich – ganz langsam und gegen innere Widerstände – einsehen, dass es vielleicht etwas noch Besseres als Freundschaft zwischen ihnen geben könnte. Es ist schwierig, etwas Gemeines über einen Film zu sagen, der so gut gemeint ist, und in dem alle Menschen so nett zueinander sind. Also werde ich das auch nicht tun, schon gar nicht so kurz vor Weihnachten. In The Happiest Season ist im Vergleich zu Jingle All The Way einiges umgekehrt: In die Kleinstadt reisen zwei junge Frauen statt Männer, sie sind bereits ein Paar, statt grenzenloser Offenheit gibt es Geheimnisse über Geheimnisse, und alle Beziehungen sind so konfliktbeladen, dass man meinen könnte, diese Menschen wären bei anderen Menschen besser aufgehoben. Trotzdem habe ich mir das über weite Strecken gerne angesehen. Vielleicht wegen der nerdigen Schwester, die an ihrem Fantasy-Romanepos arbeitet, oder Daniel Levi, der hier glücklicherweise dieselbe Rolle spielt wie in Schitt’s Creek, nur unter anderem Namen (man kann mir nichts vormachen). Man muss den Film schon für eine sehr angestrengt vorbereitete Pointe lieben, bei der sich eines der Mädchen in einem Wandschrank versteckt, nur damit die Dame des Hauses bei Entdeckung fragen kann: „What are you doing in the closet?“ (Tsching-bum.) Der sehenswerte Netflix-Überraschungsweihnachtsfilm in diesem Jahr heißt leider Love Hard, er ist für Menschen mit Niveau und Anstand also besonders leicht zu übersehen, klingt der Titel doch nach einer dieser Spritz- und Gröl-Komödien für ungezogene Kinder. Es handelt sich dabei um eine Verquickung von Love Actually und Die Hard. Darauf bin ich allerdings auch erst einige Zeit nach Filmende gekommen. Als Titel also nicht ideal. Zumal die ewige Menschheitsfrage, welcher der beiden dabei vermischten Filme der beste Weihnachtsfilm aller Zeiten wäre, in Love Hard zwar durchaus verhandelt wird, aber kaum eine derart zentrale Rolle spielt, dass man gleich den ganzen Film danach benennen müsste. (Welchen deutschen Titel hat Love Hard eigentlich erhalten? Liebe langsam?) Von Inhaltsangaben halte ich noch weniger als von hypersensibler Spoiler-Hysterie, also sehen Sie selbst: Zum Schluss kriegen die beiden sich übrigens. Wunderschöne Szene, die dann tatsächlich Schlüsselszenen aus Love Actually und Die Hard verquickt. Hätte man trotzdem anders nennen können. Dieses Jahr habe ich selbst einmal den Direktvergleich Die Hard vs. Love Actually gemacht. Dabei ist herausgekommen, dass beide herausragende Vertreter ihrer Gattungen sind, ich Die Hard aber schon dermaßen auswendig kenne, dass ich mir nicht mehr einreden kann, der Spaß daran sei ungetrübt. Einmal pro Jahr Love Actually sollte derweil nicht zu viel verlangt sein. Und bitte laut mitsingen. Überhaupt: Wer glaubt, Die Hard sei ein Weihnachtsfilm, der glaubt auch, Coco-Cola hätte den Weihnachtsmann erfunden. Beides typische Klugscheißer-Meinungen und allenfalls Fakten der alternativen Sorte. Echte Fakten: Nicht jeder Film, der an Weihnachten spielt, ist ein Weihnachtsfilm, und den Weihnachtsmann gibt es bereits seit 1821 in Rot und Dick und mit Rentieren. Coca-Cola gibt es erst seit 1886 und den Coco-Cola-Weihnachtsmann erst seit 1931. Yippie Yah Yei, Schweinebacke. Ebenfalls kein Weihnachtsfilm ist The Advent Calendar, wie sich herausstellt. Gefunden habe ich ihn beim auf Horror spezialisierten Streaming-Dienst Shudder, also hatte ich schon so einen Verdacht. Über Shudder dachte ich immer: Die haben nur zwei Sorten von Filmen: Solche, die ich bereits unzählige Male gesehen habe, und solche, die ich kein einziges Mal sehen möchte. Über normalerweise gut unterrichtete Quellen (Kommentare in Horrorfan-Facebook-Gruppen) war mir derweil zu Ohren gekommen, dass es dort doch zwei oder drei Titel gäbe, für die ich mich schon lange interessierte, wenngleich nicht genug, um sie mir für viel Geld als Hardcopy aus Übersee kommen zu lassen. Man weiß ja, wie das läuft mit diesen Streaming-Diensten: Man denkt sich: Die paar interessanten Filme reiß ich in der Gratiswoche runter, danach sehen die mich nie wieder. Dann allerdings findet man ein paar interessante Filme mehr und entscheidet: Gut, einen Monat kann ich das ruhig bezahlen, aber dann bin ich raus aus der Sache. Und schließlich findet man: Auf ein Abo mehr oder weniger kommt’s jetzt auch nicht mehr an, und Hulu macht’s bestimmt eh nicht mehr lange. The Advent Calendar ist jedenfalls ein französischer Horrorfilm über einen bösen deutschen Adventkalender. Als Maso-Deutscher liebte ich ihn bereits, bevor ich ihn gesehen hatte. Danach allerdings nicht mehr ganz so sehr. Man erwartet von französischen Horrorfilmen ja entgegen allzu vieler Belege immer, dass sie irgendwie substanzieller, existenzieller, zumindest aber transgressiver als der Bubblegum-Horror amerikanischer Machart daherkämen. The Advent Calendar ist leider so konventionell, dass ich fest damit gerechnet hatte, dass aus dem letzten Türchen Freddy Krueger springen und irgendwas Lustiges sagen würde. Die einzige Überraschung war, dass das nicht passierte.