Vor dem Krimi ist nach der Kitty (Enhanced Blogpost mit Facebook- und Twitter-Features)

Sollte der Eindruck entstanden sein, ich würde diesen Blog vernachlässigen, seit ich Facebook beigetreten bin, dann ist dieser Eindruck ganz richtig. Das habe ich natürlich nie gewollt. Wir alten Facebook-Hasen vergessen manchmal, dass nicht die ganze Welt Facebook ist. Drum an dieser Stelle noch mal alle bereits auf Dings dokumentierten Ereignisse der letzten Tage in Sachen Hello-Kitty-Buch, als exklusiver Premium-Content mit erhöhtem Wortanteil.

Als am vorvergangenen Samstag der Postmann einmal klingelte, stellte er ein Paket ins Haus, das mich in den nächsten Stunden damit beschäftigt hielt, Ausreden zu finden, warum ich es jetzt noch nicht aufmache.

Als sich keine Ausrede mehr finden ließ, hätte es idealerweise so ausgesehen:

Allerdings waren alle Bücher unfotogen in Bauchlage, weshalb ich ein wenig nachhalf, bevor das Foto geschossen wurde (mehr dazu in meinem nächsten Buch: „Das sind die teuflischen Tricks der modernen Medien-Macher!“).

Hier tut meine geliebte Gemahlin so, als würde sie das alles interessieren:

Dabei hat sie möglicherweise sowas gesehen:

Die Kitty-Flaschen waren schon mal zu dritt, aber eine musste bereits dran glauben.

Eine weitere (Charmy) wurde prompt zur Feier der Buchveröffentlichung getrunken. Die letzte (Lady) verschicke ich demnächst als business incentive, sobald die Trennungsängste überwunden sind und ich mich aufraffen konnte, so eine Flaschenverschickungsbox zu kaufen.

Eine Woche später war schon das Fernsehen da.

Woran sieht man, dass das Bild perfide gestellt ist? Mit der Verkabelung (siehe Hüfte), brauche ich wohl kaum noch ein Handmikrofon auf mich gerichtet. Dennoch wurde ein ganz echter Beitrag daraus, der ursprünglich am vergangenen Dienstag im ORF-Nachrichtenmagazin ZIB 2 gesendet werden sollte, allerdings kam die Sache mit Andreas Mölzer und seinem Fußballkommentar dazwischen. Am nächsten Morgen meinte jemand auf dem Schulhof: „Schade, dass dein Beitrag wegen diesem alten Nazi nicht gesendet wurde.“ Das halte ich für teilweise sehr subjektiv formuliert und würde es so nie ausdrücken. Zum einen ist man immer nur so alt, wie man sich fühlt, zum anderen war es gar nicht schade, weil der Beitrag dann am Freitag ausgestrahlt wurde, wo die Sendung dank 3sat-Übernahme eine höhere Reichweite hat („höhere Reichweite“ und „3sat“ liest man möglicherweise nicht allzu häufig in einem Satz). War das Interview wirklich nur so kurz gewesen? Selbstverständlich nicht. Hatte ich nichts Originelleres, Kontroverseres zu sagen? Doch, doch. Bin ich trotzdem heilfroh, dass man immerhin zwei Passagen gewählt hat, in denen ich mich grammatikalisch und rhetorisch nicht allzu sehr vergaloppiere? Heilfroh, dankbar und rundum zufrieden.

Unsere Sendereihe Making of Yoyogi Park nehmen wir voraussichtlich über die Osterfeiertage wieder auf.

Making of Yoyogi Park, Episode 2: Tokyo Metropolitan Police Department (Keishicho)

Inspector Yuka Sato, Hauptfigur meines Kriminalromanes Yoyogi Park, arbeitet nicht irgendwo, sondern in der Hauptzentrale des Tokyo Metropolitan Police Department im Stadtteil Kasumigaseki, weil für die Unterhaltungsliteratur die größte Nummer gerade groß genug ist. Sie hat also ihren Schreibtisch in diesem Gebäude:

Yuka kommt zwar mit der U-Bahn zur Arbeit, allerdings nicht über die günstig gelegene Sakuradamon-Haltestelle im Bild, sondern von der Station Kasumigaseki (nicht im Bild), sie betritt das Gebäude also von hinten, hätte beim Weg zur Arbeit diesen Anblick:

Das Gebäude hat viele Eingänge, ohne Dienstausweis lässt sich keiner davon betreten. Sonst kommt ein Wächter mit langem Stock:

Ich hatte anfangs die Theorie vertreten, der Stock sei als Rasthilfe gedacht, wo die Wachtposten doch die meiste Zeit stehen müssen und ich Japan alltags immer als sehr friedfertig und gewaltlos erlebt habe. Doch ist das Requisit in der Tat zur Abschreckung und darüber Hinausgehendes gedacht. Wäre Japan gar so friedlich, müsste man ja auch keine Kriminalromane dort ansiedeln. Oder Polizisten einstellen. Schnell weiter, er guckt schon so komisch.

In der Nähe der Polizeizentrale liegt der Kaiserpalast, dessen Grundstück Yuka von ihrem Bürofenster aus sehen kann, und um den sie bisweilen ein paar Runden im Dauerlauf dreht (war allerdings schon mal mehr). Dort hat sie u. a. diesen Anblick:

Selbstverständlich kann man statt der U-Bahn auch das Polizeiauto zur Arbeit nehmen (wenn man eines hat), ein Modell sieht so aus:

Im Hintergrund das Justizministerium, praktischerweise genau gegenüber der Polizeizentrale.

Zu meiner Enttäuschung ist auf den Polizeiwagen nicht das Polizeimaskottchen Pipo-kun (von ‚People‘ und ‚Police‘) abgebildet. Gleichwohl konnte ich ihn auf einem Polizistenreisebus ausmachen:

Niemand weiß genau, welcher Spezies Pipo-kun angehört. Er ist aber nicht allein:

Über der Pipo-Familie die Anregung, im Straßenverkehr Rücksicht walten zu lassen. Das Bild ist in diesem Zusammenhang ein bisschen geschummelt, denn es wurde in Roppongi aufgenommen. Seien Sie unbesorgt, dieses furchtbare, freudlose Viertel der vergossenen Tränen und verschütteten Cocktails kommt im Roman nicht vor. Dafür umso mehr im nächsten, deshalb war ich dort im Februar auf Recherchespaziergang. Dabei knipste ich außerdem ein Polizeihäuschen, ein koban, die kleinste Einheit unter den Polizeirevieren:

Dieses scheint mir direkt geräumig. Andererseits gibt es wohl in Roppongi einiges zu tun.

Falls Sie jetzt sagen: „Och bitte, noch ein Foto von unattraktiven Polizeigebäuden – die sehe ich so gerne!“ Dann sage ich: „Na gut, aber nur noch eines!“ Der Stadtteil Harajuku ist einer der hauptsächlichen Handlungsorte des Romans. Er hat sein eigenes Polizeirevier, dieses:

(Nicht weit vom berühmten Birkenstock-Laden, falls Sie es mal besuchen möchten.) Dieses Revier spielt im Roman nur eine indirekte Rolle. Warum es nur eine indirekte Rolle spielt, spielt derweil eine direkte Rolle.

Und das nächste Mal geht nach Shinjuku und in die Goldene Straße.

Wer Bilder gerne größer sieht, kann Making of Yoyogi Park mit Zeitverzögerung auch hier lesen.

Die Hölle gefriert und Hunde miauen: Ich bin jetzt bei Facebook

In den vergangenen Wochen hatte ich viel Spaß mit Menschen und nichts als Scherereien mit Maschinen. Das hat mir eine wichtige Lektion über das Leben und seine Prioritäten gelehrt: Ich sollte mich weniger um Menschen und mehr um Maschinen kümmern. Damit ich ab sofort noch mehr Zeit mit Telefonen und anderen Computern verbringen darf, bin ich nun Facebook beigetreten. Machen Sie es doch auch, dann können wir so tun, als kennen wir uns.

Tatsächlich bin ich dieser Tage nicht nur einmal Facebook beigetreten, sondern vier- oder fünfmal. Jedes Mal bin ich nach wenigen Minuten mit geblähten Nüstern wieder ausgetreten. Diesmal bleibe ich vielleicht länger. Mein vorheriges Problem war, dass ich keine normale Seite anlegen wollte, sondern eine sogenannte ‚Fan-Seite‘. Nun ist es keineswegs so, dass ich über Nacht durch einen vermeintlichen Kaninchenbau in eine Wi-Wa-Wunderwelt gepurzelt wäre, in der ich es für möglich oder auch nur erstrebenswert gehalten hätte, jemals so etwas wie ‚Fans‘ zu haben. ‚Fans‘ braucht kein Schwein, Leser reichen völlig aus. Trotzdem wollte ich dem ganzen einen offiziellen Anstrich verleihen; ich will schließlich Bücher verkaufen, keine Klassentreffen organisieren. Leider muss man aber ein privates Profil haben, wenn man eine sogenannte ‚Fan-Seite‘ anlegen möchte. So eines habe ich mir dann geholt, doch es war mir so ungeheuer, dass ich jedes Mal nach kurzer Zeit gegoogelt habe, wie das noch mal ging mit dem Account-Löschen. Diesmal versuche ich mich zusammenzureißen.

Das mit der sogenannten ‚Fan-Seite‘ habe ich mir erst mal abgeschminkt. Das jetzige Profil ist privat, Sie können also unbesorgt sein, davon gerät niemals etwas an die Öffentlichkeit. Ist schließlich nur Facebook.

Weil das Internet auch ein visuelles Medium ist, hier ein lustiges Bild von mir in einem Lätzchen:

So gelöst kann man schauen, wenn in der heißesten Korrekturphase zweier Bücher und der Schreibphase eines dritten die Festplatte abstürzt und man eingesehen hat, dass geblähte Nüstern daran nichts ändern werden. Das Bild ist übrigens auch auf meiner neuen Facebook-Seite. (Nein, Mama, ich war nicht schon wieder der einzige, der ein Lätzchen tragen musste.)

Damit ist die letzte Phase meiner elaborierten Social-Media-Strategie abgeschlossen. Es sei denn, ich verstehe irgendwann, was Pinterest ist.

Making of Yoyogi Park, Episode 1: Yoyogi Park und Harajuku

Sollte ich es noch nicht erwähnt haben: Mein Kriminalroman Yoyogi Park erscheint im April im Conbook Verlag, und an dieser Stelle möchte ich episodenartig Fotobeweise und andere sachdienliche Hinweise zu den realen Spielorten und fiktiven Begebenheiten im Buch präsentieren. Fangen wir am Anfang an: Im Yoyogi Park. Wer dort hin möchte, kommt wahrscheinlich erst mal am Bahnhof Harajuku an, welcher folgendermaßen aussieht:

Ja, es kann voll werden. Voller zum Beispiel als am Bahnhof Bremen-Schönebeck, obwohl die Größe vergleichbar ist. Links vom Betrachter aus geht es zum Park, rechts in die Takeshita Dori, die beliebte Einkaufsstraße für den etwas ausgefalleneren Modegeschmack:

In einer Seitenstraße der Takeshita Dori findet man die Boutique L’Eclair Noblesse (für die Hauptstraße ist sie sich zu fein). Stimmt gar nicht, die habe ich mir ausgedacht. Aber wenn es sie geben würde, würden diese Damen dort bestimmt einkaufen:

Jetzt sind sie bereits fertig mit Einkaufen, deshalb treiben sie sich auf der Eisenbahnbrücke zum Yoyogi Park herum. Nicht weit davon spielen am Rande des Parks gerne Bands auf:

Auf diesem Platz mit den praktischen, zielscheibenartig konzentrischen Kreisen wollte ich ursprünglich im Finale des Romans einen Helikopter landen lassen:

Der Platz war allerdings doch zu weit vom Geschehen entfernt, und die Zeit war knapp. Deshalb habe ich mich für eine semifiktive Lichtung anderswo entschieden (nicht im Bild). Der Platz ist trotzdem relevant, denn mitunter tanzen dort enthusiastische Rockabillys (leider ebenfalls nicht im Bild), die einen Gastauftritt im Roman haben.

In den Park selbst kommt man durch imposante Holztore:

Hauptattraktion des Parks ist der Meiji-jingu, Tokios größter Shinto-Schrein. Mörder und Polizisten haben keine Zeit zum Sightseeing, trotzdem kommen auch sie am Schrein nicht vorbei (bzw. eben doch).

Sehe gerade, dass sich eine Freundin von mir im Bild versteckt hat (wenngleich nicht besonders gut). Im Roman kommt sie nicht vor.

Bei der finalen Verfolgungsjagd kommen Verfolgter und Verfolgerin an diesen Sake-Fässern vorbei, aber sie haben kein Auge dafür (deshalb habe ich auch vergessen, sie zu erwähnen):

Malerisch? Ein bisschen weiter vorne rechts könnte eine Leiche liegen:

Bemerken Sie den Fehler?

Dieses Teehaus steht gar nicht im Yoyogi Park, sondern im Ueno Park. Es hat mich allerdings zu dem fiktiven Yoyogi-Teehaus meines Romanes inspiriert.

Und in der nächsten Folge kommen Sie mit zur Polizei!

Deutsch-japanischer Dialog bei Edeka

Sie: „Ich möchte Haferflocken kaufen.“

Er: „Womit willst du die den Essen? Mit Milch?“

„Nein.“

„Mit Wasser?“

„Nein!“

„Womit denn dann?“

„Mit Sojasauce!“

Später:

Auf dem Bild kommt die Sojasauce leider nicht recht zur Geltung, dafür das Algen-Topping umso besser.

Making of Yoyogi Park, Episode 0: Was bisher geschah

Liebe Lesende, dies ist die Pilotfolge einer neuen Serie zu realen Orten und Begebenheiten, die den Weg in meinen komplett ausgedachten Kriminalroman Yoyogi Park gefunden haben. Weil ich heute zu bequem bin so richtig damit anzufangen, möchte ich nur auf zwei alte Kamellen lenken, in denen bereits sachdienliche Hinweise angelegt waren, ohne dass ich damals etwas davon ahnen konnte.

Ein wichtiger Ort in der Romanhandlung ist ein fiktives Maid Café in Akihabara. Ich kann nicht verhehlen, dass es eine gewisse Ähnlichkeit mit dem real existierenden Maid Café in Akihabara hat, das ich einmal zum aufklärerischen Zwecke besucht habe.

Das dramatische Finale des Romans platzt in eine Parade hinein, bei der tragbare Schreine, sog. mikoshi, samt Träger mit von der Partie sind. Einmal war ich selbst einer von denen.

Weil an diese Stelle ein Bild gehört, hier eines vom Titelpark des Buches:

So gesellig geht es dort im Roman allerdings nicht zu, denn … ES IST EIN MORD GESCHEHEN!

… und darum nennen wir es Keanu-Schokolade

Sensationsmeldung des Jahres: Wir haben von Weihnachten noch Schokolade übrig! Zu den besonders gut gemeinten Exemplaren unterm Baum gehört dieses:

Wir haben diese Tafel schnell ‚Keanu-Schokolade‘ getauft. Das Präfix ‚Keanu-‘ hat sich in unserem Haushalt für Produkte, Speisen und Dienstleistungen durchgesetzt, die bemüht asiatisch daherkommen, ohne aus Asien zu kommen. Selbstverständlich benutzen wir den Begriff eher zuneigend als herablassend. Es ist der Gedanke, der zählt. Man kann nicht von jedem schleswig-holsteinischen Chocolatier erwarten, dass er zwischen ji und tera/dera zu unterscheiden vermag, schreibt sich schließlich alles gleich (寺), heißt das gleiche (Tempel), wird nur kontextabhängig anders gelesen. Vielleicht klang dem Chocolatier tera auch zu sehr nach einem Hauch von Terror.

Schon mit diesem bloßen Hinweis begebe ich mich auf dünnes Eis, denn als Enthusiast sollte man tunlichst darauf achten, nicht den schmalen Grat zwischen enthusiastischem Mitteilungsdrang und verbitterter Besserwisserei zu überschreiten (der schmale Grat verläuft auf dünnem Eis, stelle ich gerade fest). Verbitterte Besserwisserei macht hässlich und einsam, man hängt irgendwann nur noch mit anderen verbitterten Besserwissern rum, mit denen man sich naturgemäß auch irgendwann überwirft.

Also nicht aufregen und in aller Ruhe Keanu-Schokolade schnuckern, gerne auch cineastische Keanu-Schokolade:

Ich freue mich darauf, seit ich zum ersten Mal den ersten Trailer gesehen habe. Nicht, weil ich ein Anknüpfen an die Samurai-Dramen Kurosawas erwarte, sondern eines an das Große Alberne Hongkong-Kino Tsui Harks erhoffe. Dass die verbitterten Besserwisser solche Filme nicht verstehen, ist bekannt und sollte nicht weiter irritieren. Es sei ihnen von einem Enthusiasten gesagt: Extreme künstlerische Freiheit in der Nacherzählung der Legende um die 47 Ronin hat in Japan Tradition. Diese Freiheit kann man anderen kaum verwehren. Gerne dürfen auch Keanu & Co. ein paar Unsinnigkeiten hinzufantasieren. Und Hand aufs Herz: Ohne Robert De Niro hätten Sie doch eh noch nie was von dieser Geschichte gehört.

Ich habe 47 Ronin zwar noch nicht gesehen und behalte mir das Recht vor, später den Wendehals zu machen. Aber fürs erste finde ich es ganz, ganz gemein, dass der Film so gemeine Kritiken bekommen hat. Man könnte glauben, die Menschheit habe inzwischen den Geist des ‚Cheer Up Keanu Day‘ völlig vergessen. Wer Keanu nicht liebt, ist nicht fähig zu lieben. Selbstverständlich sind die Matrix-Filme total bekloppt. Doch sie sind mit einer solchen künstlerischen Konsequenz bekloppt, dass man davor schon Respekt haben muss. Da hat jemand stur die Geschichte zu Ende erzählt, die er erzählen wollte, auch wenn schnell klar wurde, dass niemand sie so zu Ende hören will. Keanu ist immer mit so viel Herzblut bei der Sache, dass man ganz vergessen kann, dass seine Filme in der Mehrzahl gar nicht seine Filme sind. Sind sie aber doch, Keanu-Filme sind immer Keanu-Filme, andere Beteiligte egal. Das steht so fest, dass ich jetzt sogar zu faul bin, den Namen der Matrix-Geschwister zu googeln. Keanu allein ist verantwortlich. Keanu ist darüber hinaus der einzige Schauspieler, bei dem ich mir nicht plump vertraulich vorkomme, wenn ich ihn beim bloßen Vornamen nenne. Er ist einfach kein Reeves.

Bei der Kritik an 47 Ronin wird häufig die These aufgestellt, die Japaner könnten ihre eigenen Legenden viel besser selbst verfilmen und hätten es nicht nötig, sich ausgerechnet von den Amis etwas vormachen zu lassen. Das jedoch ist Wunschdenken. Man muss es leider sagen, wie es ist: Die Japaner können’s nicht (mehr), und irgendwer muss es ihnen ja (wieder) vormachen. Das japanische Kino steckt seit geraumer Zeit in einer seltsamen Krise. Das E-Kino wirft gelegentlich das eine oder andere Juwel ab (wenn auch nicht mehr mit der gleichen Verlässlichkeit wie zu Glanzzeiten), aber das große U-Kino operiert nur noch auf Til-Schweiger-Niveau. Filme, die ohne Zuschauerkonditionierung durchs Landesfernsehen kein Schwein interessieren würden und die deshalb die Reise ins Ausland gar nicht erst antreten, zumindest nicht im großen Stil. Dabei könnte man, wenn man wollte. Es müssten nur mal die richtigen Leute zusammen wollen. Gutaussehender dramaturgischer Murks wie Space Battleship Yamato (wir berichteten hier, inklusive Keanu-Tofu) oder Rurouni Kenshin zeigen, dass das technische Verständnis da ist, auf koreanischem oder amerikanischem Hochglanz-Niveau zu produzieren. Pappig gemachte aber brillant konzipierte Filme wie die der Death Note– und 20th Century Boys-Reihen beweisen, dass es durchaus Autoren gibt, die komplexe Geschichten unterhaltsam erzählen können. Jetzt müssten nur mal die einen mit den anderen. Dann bräuchten wir auch Keanu nicht mehr. Zumindest nicht dafür. Dann könnte er endlich Bill und Teds endkrasser Trip nach Legoland (aka Matrix 4) machen.

So weit ist es schon gekommen: Als ich neulich heimlich die Vorgarten-Produktion Salvage Mice netflixte, überkam mich ein lange nicht mehr gefühltes Glücksgefühl. Denn mir wurde bewusst: Das war der amüsanteste japanische Film, den ich seit sehr langem gesehen habe. Dieses Bewusstsein ist ein schmerzliches, denn in besseren Zeiten wäre jenes Filmchen für kaum mehr als ein Schmunzeln zwischendurch gut gewesen.

Wie die Schokolade schmeckt, weiß ich übrigens noch nicht. Ich nehme sie in vier Wochen mit ins Kino.

Von den Büchern anderer Leute (und einem eigenen)

Ich bin zwar in letzter Zeit dazu gekommen, ein paar Rezensionen an anderer Stelle zu schreiben. Allerdings bin ich nicht dazu gekommen, an dieser Stelle über jene Rezensionen zu schreiben. Also hier gesammelt:

William Boyd: Solo

Jean-Christophe Grangé: Die Wahrheit des Blutes

Khaled Hosseini: Traumsammler

Marisha Pessl: Die amerikanische Nacht

Falls das alles nichts für Sie ist und Sie sich sagen: „Mensch, ich würde gerne mal wieder einen spannenden Kriminalroman im Tokioter Maid-Café-Milieu lesen!“, dann kommt dieser Schmöker der Sache ziemlich nahe:

Hier können Sie das Buch schon mal showroomen.

Addendum

Ab sofort werden Rezensionen von außerhalb nur noch gezwitschert. Bitte folgen Sie mir. (Übersetzung: Bitte, bitte, bitte!!!)

Hello Twitty

Falls Sie noch kein Muttertagsgeschenk haben: Mein Hello-Kitty-Buch erscheint rechtzeitig im April und man kann es daran erkennen, dass es so aussieht:

Hier die Katalogdaten und hier die Online-Ausgabe eines Artikels, den ich zum Thema für das Metrolit-Magazin geschrieben habe. In der Print-Ausgabe ist die ausführlichere Version mit aufwendigen Infografiken.

Mir ist positiv aufgefallen, dass zur neuen Kollektion des Metrolit-Verlages auch ein Buch namens Pussy gehört. Man hat also meinen Rat befolgt und erschließt jetzt verstärkt den lukrativen Markt der Kätzchen-Bücher.

Außerdem sei nicht verschwiegen, dass heute Phase 2 meiner neuen Online-Strategie (wir berichteten) eingeleitet wird: Ich bin jetzt auch bei Twitter. Warum wird sich zeigen.

New Model Army grüßt Paul Walker

Ein bisschen aus Neugier, ein bisschen aus vorauseilender, infantiler Schadenfreude habe ich mir kürzlich das neue Album von New Model Army gekauft. Meine Schadenfreude konnte nicht befriedigt werden, mein Geld war gut angelegt, es ist ein schönes, kleines, entspanntes Alterswerk geworden von jemandem, der große Alterswerke nicht nötig hat. Textlich viel Pathos, musikalisch wenig Patina. Schon beim ersten Hören war mir der Song ‚Knievel‘ positiv aufgefallen. Sofort dachte ich: Falls die Filmserie Fast and Furious sich mal entscheiden sollte musikalisches Neuland zu betreten, würde sich dieses Stück anbieten.

Drum wollen wir es heute kurz enteignen und für mindestens drei Minuten Paul Walker gedenken. Sieht so aus, als wurde das Video aus Gründen der Gerechtigkeit von Youtube entfernt. Drum an dieser Stelle das offizielle Paul-Walker-Abschiedsvideo. So viel Sentimentalität muss sein.

Evil Knievel kann das Lied morgen zurück haben.

Die Fast and Furious-Filme wird man noch in 10, 50, wahrscheinlich 100 Jahren gerne sehen. Sie werden nicht mehr modern sein, aber charmant gealtert, wie es nur herzensgute B-Movies können. Das Haltbarkeitsdatum von Independent- und Kunstkino ist meist schnell überschritten. Was man einmal genial und bewegend fand, ist einem ca. fünf Jahre später ein bisschen unangenehm. Arthouse-Filme beschreiben immer nur eine sehr spezifische, vorübergehende innere Befindlichkeit von Individuen oder Massen, die man irgendwann nicht mehr recht nachvollziehen kann, beziehungsweise der man entwachsen wird. Die Themen, die B-Movies wie The Fast and the Furious verhandeln (Kameradschaft, Brüderlichkeit, sticking it to the Man, Eierkuchen) sind hingegen zeitlos. Sie versuchen uns nicht krampfhaft zu erklären, wie wir leben, sondern sie erzählen uns spielerisch, wir leben wollen. Diese Mischung aus zeitlosen Sehnsüchten und schnell veraltetem, schnell nostalgisch verklärbarem Dekor macht den Reiz guten Unterhaltungskinos aus. Paul Walker ist wichtiger Teil des nächsten cineastischen Klassiker-Kanons.

Ich hab ihn von Anfang an nicht gemocht. Diese stahlblauen Augen. Dieser Wuschelkopf. Männer ohne stahlblaue Augen und Wuschelkopf mögen halt keine Männer mit stahlblauen Augen und Wuschelkopf. Aus Neid dichten sie ihnen gewisse Unzulänglichkeiten an, zum Beispiel einen Mangel an Intelligenz und Talent, weil es schließlich nicht möglich sein darf, dass jemand gutaussehend UND klug ist.

Keine Ahnung, was Paul Walker in seinem Wuschelkopf hatte. In der Fast and Furious-Serie ist er mir jedenfalls doch noch ans Herz gewachsen. Einen Mangel an Talent werde ich ihm also nicht absprechen können, verdammt.

Nun ist er unsterblich, sein Gesicht darf rechtens neben Steve McQueen und Bruce Lee in einen Fels gemeißelt werden. Das ist ein bisschen tröstlich. Schöner wäre, wenn er noch ein bisschen länger sterblich geblieben wäre.

It always bothers me to see people writing ‚RIP‘ when a person dies. It just feels so insincere and like a cop-out. To me, ‚RIP‘ is the microwave dinner of posthumous honors.
— Lou Reed