Immerhin haben alle überlebt

Ich hatte gestern keine Zeit und Gelegenheit, das Herrenfußballspiel um olympische Bronze zwischen Südkorea und Japan zu sehen, aber ich konnte die ersten 10 Minuten am Ticker verfolgen. Es schien von all dem olympischen Geist beseelt, den man von gerade dieser Begegnung erwarten durfte.

10 Gründe, warum das Leben heute doch weitergeht

Weil die deutsche Gurkentruppe nicht mitspielen durfte, haben die hiesigen Leitmedien so getan, als fände Frauenfußball bei der Olympiade nicht statt (kurze Klugscheißer-Zurechtweisung vom Meister aller Klugscheißer: Das Wort ‚Olympiade‘ bezeichnet sehr wohl und sogar in erster Linie die Olympischen Spiele und keineswegs nur, wie Amateur-Klugscheißer gerne behaupten, den Zeitraum dazwischen. Schlagt’s halt nach.)

Der zivilisierte Teil der Welt hat es aber durchaus mitbekommen. Bis zu 20% Einschaltquote morgens um 4 in Japan, als der klassische Kampf Gut gegen Böse, Astroboy gegen Micky Maus, Mos Burger gegen McDonald’s in eine neue Runde ging.

Ja, ich habe mich hernach auch in den Schlaf weinen müssen. Doch heute sieht die Welt schon wieder besser aus. Ich habe mir 10 gute Gründe aus den Rippen geschnitzt, warum wir mit unseren Heldinnen vollkommen zufrieden sein können:

  • 1. Wir sind immer noch Weltmeisterinnen.
  • 2. Silber ist auch nicht schlecht.
  • 3. Bestes Olympia-Ergebnis aller Zeiten für die Mannschaft.
  • 4. Immer noch besser als die japanischen Herren, die frühzeitig und voreilig als das neue große Fräuleinwunder gefeiert wurden.
  • 5. Noch nie hat eine Frauenfußballmannschaft Olympia-Gold nach der Weltmeisterschaft geholt. Ist also halb so wild.
  • 6. Schiri blind: Alle Welt hat gesehen, dass ein Handspiel der Amerikanerinnen nicht geahndet wurde. Und ich persönlich habe mir mehrere ungeahndete Fouls der Amerikanerinnen mit eigenen Augen eingebildet.
  • 7. Niemand mag Gewinner. Die Nadeshiko haben jetzt wieder ein wenig Underdog-Status zurückerobert, deshalb lieben wir sie umso mehr.
  • 8. Achtens hab ich vergessen.
  • 9. Wir sind immer noch Weltmeisterinnen.
  • 10. Wir sind immer noch Weltmeisterinnen. Ätsch.
  • Sie baden gerade Ihre Hände darin: Der große Bane+Robin-Vergleichstest 1997/2012

    Nun ist der GröFaZ da, der Größte Film aller Zeiten seit dem letzten Größten Film aller Zeiten (April 2012) und vor dem nächsten Größten Film aller Zeiten (November 2012), und ganz Geekham bewegt nur eine einzige bange Frage: Kann er den hohen Erwartungen gerecht werden? Oder ist The Dark Knight Rises schlussendlich sogar noch besser als Batman & Robin? (Streng genommen zwei Fragen, aber eine Stoßrichtung.)

    Mit der abschließenden Beurteilung von The Dark Knight Rises und anderen Filmen, um die vor und bei Veröffentlichung ein derartiger Götzenkult und Eiertanz betrieben wird, sollte man ein paar Monate warten, bis sich die Aufregung gelegt hat. Zu leicht ist es, einem von zwei Rezeptionsmustern zu verfallen. Entweder man lässt sich von den Götzenanbetern und Eiertänzern mitreißen, tätowiert sich ein Batlogo ins Gesicht und haut jedem eine rein, der das ein bisschen übertrieben findet. Oder man nimmt eine beleidigte, bockige Anti-Haltung ein, weil man viel klüger ist als all die Götzenanbeter und Eiertänzer da draußen. Ich tendiere meistens zum letzteren, gerecht ist derweil keins von beiden. Als ich 2008 The Dark Knight sah, war ich der festen Überzeugung, dass der Film megahammerschlecht war und wurde nicht müde, es meiner von mir angeekelten Umwelt mitzuteilen. Inzwischen habe ich dem Film eine zweite Chance gegeben und stelle fest: Er ist gar nicht so schlecht. Heath Ledger ist ganz gut, wie er Robert Downey Jr. spielt, der den Joker spielt. Die Two-Face-Geschichte bricht mir das Herz. Einige der Action-Szenen haben ordentlich Bums. Gary Oldman ist total süß. Die Langweiligkeiten des Films manifestieren sich schon früh (das überflüssige Heckmeck in Hongkong, das öde Kleinklein über verschobene Mafiagelder, kein starker roter Faden in der Geschichte), da kann man sich prima draufstürzen, wenn man nur das Blöde sehen will. Unterm Strich aber dimmen die Schwächen die Strahlkraft des Films nur unwesentlich, und so ist The Dark Knight, wie ich jetzt einsehe, doch eine solide Fortsetzung eines in jeder Hinsicht großartigen Vorgängers. Mein Ersteindruck von The Dark Knight RISES (müssen die Titel sich eigentlich so sehr ähneln?) nach der heutigen 12-Uhr-Kindervorstellung: Eine herrliche Herrenschnulze mit ein paar Anlaufschwierigkeiten und einem runden Ende.

    Doch will ich mich noch nicht festlegen. Meinungen ändern sich, bei Menschen wie bei Massen. Wie schnell sich Schwarmwahrnehmung ändert, sieht man bei der Sympathieverschiebung zwischen Die ruhmreichen Rächer und The Dark Knight Rises. Als Die ruhmreichen Rächer vor ein paar Monaten in die Kinos kam, hieß es aller Orten, Batman könne jetzt packen gehen, denn wir haben das Licht gesehen, halleluja. Niemand wolle mehr das muffelige, depressive, prätentiöse Dark-Knight-Milchmädchenpsychologie-Posing, wenn man auch Comic-Filme haben kann, die tatsächlich Spaß machen. Die einzige weitgehend akzeptierte Kritik am Rächer-Film war, dass er so unbeschreiblich und unübertrumpfbar genial wäre, dass nie wieder ein Film, oder überhaupt irgendwas, so schön sein könnte. Superhelden-Filme hätten ausgesorgt, weil mehr superer ginge nicht. Doch davon will jetzt keiner mehr etwas wissen, denn nun heißt es über The Dark Knight Rises: Endlich ein richtig ernsthafter und erwachsener Film, gegen den alle anderen Comic-Verfilmungen aussehen wie Comic-Verfilmungen, und wer will schon Comic-Verfilmungen, die wie Comic-Verfilmungen aussehen?!

    In Wirklichkeit hat beides seine Berechtigung, und die Menschen wollen mal dieses, bald jenes. Die ruhmreichen Rächer war sicherlich nicht das letzte Wort in Sachen Superheldenqualitätsunterhaltung, nicht mal das vorerst letzte. Batman Begins, X-Men: Erste Entscheidung und ein oder zwei Iron Man-Filme stehen auf meiner persönlichen Superheldenfilmhitliste nach wie vor drüber. Ich hatte mich nichtsdestotrotz blendend amüsiert und freue mich auf weiteres aus dem Hause Marvel, gerade weil ich noch viel Luft nach oben sehe (kann man Luft sehen?). Vielleicht könnte man in den nächsten Rächer-Film eine Handlung einbauen, und die Action-Szenen ein bisschen über den ganzen Film verteilen anstatt alle in den letzten Akt zu quetschen. Aber auch wenn nicht – guck ich mir trotzdem an. Dass ich mich für bunte Comic-Action entscheide, heißt nicht, dass ich mich gegen dunklen Psycho-Thrill entscheide. Das ist schließlich nicht wie bei Äpfeln und Birnen. Birnen sind einfach köstlich, und Äpfel total langweilig. Die Superhelden-Ansätze von Joss Dings und Christopher Bums hingegen sind schlicht nicht miteinander zu vergleichen, deshalb sind die Deine-Mudder-Grabenkämpfe ihrer Sektierer sinnlos und zermürbend, auch und gerade für Unbeteiligte.

    Kommen wir zu erfreulicheren Themen: Joel Schumacher. Mir persönlich gefiel der offen schwule Pop-Batman der Sechziger und Neunziger tendenziell stets besser als das dauerzerknirschte Psychowrack, das seine wahre Natur hinter einer Maske verbirgt. Wir erinnern uns: Schumachers Batman & Robin von 1997 war der Film, in dem Dark-Kight-Rises-Schurke Bane seinen ersten Filmauftritt hatte. Der Film war weniger wohlgelitten als, sagen wir mal, The Dark Knight. Aus nicht auszuhaltender Bat-Vorfreude habe ich mir in den letzten Wochen alle Bat-Kinofilme noch einmal angeschaut und festgestellt, dass Batman & Robin von allen am vorteilhaftesten gealtert ist. Batman hält die Welt in Atem und Batman Begins sind natürlich gar nicht gealtert, es sind zeitlose Klassiker. Die beiden Burton-Filme gefallen mir heute ein wenig besser als früher, im Großen und Ganzen finde ich allerdings meine Jugendmeinung bestätigt: Hübsch, aber doof. Burton konnte schon immer besser mit Bauten als mit Menschen. Ulkig finde ich heute, dass die Burton-Filme ihrerzeit als ‚düstere‘ Batman-Interpretationen galten, auch mir. Das mag auf die Optik zutreffen, die Karnevalscharaktere jedoch und ihre Büttenredendialoge sind allenfalls Millimeter vom Geist der TV-Serie aus den Sechzigern entfernt.

    Am unvorteilhaftesten ist ausgerechnet mein damaliger Lieblingsfilm der Burton/Schumacher-Ära gealtert, Batman Forever. Selbstverständlich ist vieles immer noch großartig daran: Die hysterischen Schurken, die Neonfarben, die Bat-Nippel, die Zärtlichkeit (Batman nimmt Robin vor dem Endkampf bei der Hand und haucht, er sei „more than a friend“), und natürlich der beste Bat-Dialog der Bat-Geschichte:

    Robin: „Holey rusted metal, Batman!”
    Batman: „What? ”
    Robin: „The ground, it’s all metal. It’s full of holes. You know, holey.”

    Es ist offensichtlich, wohin Schumacher wollte, doch war er noch nicht ganz da. Das Gotham von Batman Forever sieht aus wie eine unentschlossene Mischung aus Manga-Tokio und Dick-Tracy-Set. Sieht man den Film unmittelbar nach dem wunderbar ausgestalteten Batmans Rückkehr, ist das ein faustdicker Schock. Die Handlung und Inszenierung ergötzt sich bereits am Camp, aber man traut sich noch nicht, das Spaßpedal voll durchzutreten und die Hinweise auf Batmans ach so schweheheheres Trauma einfach mal ganz zu unterlassen. Batman Forever muss rückblickend als strategischer Film betrachtet werden. Er sollte uns behutsam auf Batman & Robin vorbereiten.

    Leider konnte uns darauf aber nichts vorbereiten. Ich war damals genauso angewidert wie jeder andere. Vor der kolossalen Katastrophe, die Batman & Robin war, waren wir alle gleich.

    Heute allerdings kann man sich mal entspannt zurücklehnen und den Film als das sehen, was er ist: Ein Kind, wie es nur die eigenen Eltern lieben können. Und wer da nicht ein bisschen Mitgefühl hat, hat einfach kein Herz. Gotham ist nun noch etwas eklektischer, sieht aus wie eine Kreuzung aus Manga-Tokio, Dick Tracy, türkischer Sauna, Rollschuhdisco und Christmas Town. Sieht also gut aus. Nichts sagt ‚Zeitdokument‘ deutlicher als ein Stargast-Auftritt von Coolio. Die tatsächliche Anti-Öko-Botschaft von Batman & Robin ist genauso putzig und harmlos wie die eingebildete Anti-Occupy-Botschaft von The Dark Knight Rises. Dass ausnahmslos jeder Satz, der Mr. Freeze in den Mund gelegt wurde, ein Tschingbumm-Kalauer unterster Kajüte ist, ist irgendwo auch eine Leistung, wenngleich eine fragwürdige. Freeze-Darsteller Fips Asmussen äh Arnold Schwarzenegger sagte während der Promo-Phase des Films, die Dialoge hätten Shakespeare-Niveau. Das wirft ein ganz neues Licht auf Shakespeare. Oder das übliche Licht auf Arnie. George Clooney (Die Rückkehr der Killertomaten) ist der beste Batman zwischen Adam West und Christian Bale. Allerdings wusste die Burton/Schumacher-Ära mit der Figur generell nichts anzufangen, deshalb ist das leider egal. Batman spielt in keinem dieser Batman-Filme eine entscheidende Rolle.

    Alicia Silverstone … ach, Alicia Silverstone. Clueless – was sonst?! ist nicht zuletzt wegen ihr einer der größten Kino-Meilensteine der Neunziger, also lässt sich überhaupt nichts gegen sie sagen. Dass sie zwischen Bat-Casting und Bat-Dreharbeiten offenbar ein paar Pfund draufgelegt hat, hatten sich die Produzenten des Films bestimmt anders vorgestellt. Doch gerade weil dieses etwas fraulichere Batgirl so herrlich un-hollywood ist, begrüße ich Fräulein Silverstone in der Bat-Family mit offenen Schwingen. Anstatt eines Catwoman-Spin-offs mit Halle Berry unter der Regie von Pitof hätte ich mir ein Batgirl-Spin-off mit Ricki Lake unter der Regie von John Waters gewünscht.

    Bane war damals zwar noch nicht durch Nolan-Berührung heiliggesprochen, doch umwehte ihn unter Comic-Lesern schon eine gewisse Aura der Ehrfurcht, hatte er dem Mausemann doch im Comic-Event-Ereignis Knightfall buchstäblich das Rückgrat gebrochen (Originalzitat: „Alfred, ich hab Rücken!“). In Batman & Robin ist Bane eine chemisch aufgeblubberte Flitzpiepe im Show-Wrestling-Dress mit einem IQ unter Hulk-Niveau.

    In The Dark Knight Rises ist Bane ein beredter Kraftprotz, der aussieht wie Darth Vader im Swingerclub. Ganz klar ein Punkt für The Dark Knight Rises.

    Robin ist in Batman & Robin ein Latex-Knabe aus dem Zirkus, der Batman immer wieder mit seinen angeblichen Weibergeschichten eifersüchtig zu machen versucht, worauf die stutenbissige alte Zicke auch jedes Mal reinfällt. In The Dark Knight Rises ist Robin ein junger Polizist, der bei Batman endlich die Wärme findet, die er im Christlichen Verein junger Männer stets verglich gesucht hatte.

    Keine Angst, Spoiler machen nichts, das ist wissenschaftlich erwiesen. Hier ist die Entscheidung schon schwieriger. Doch ich habe einfach eine Schwäche für Männer in Uniform, deshalb geht auch hier der Punkt an The Dark Knight Rises.

    Und damit ist es offiziell: The Dark Knight Rises ist besser als Batman & Robin. Puh, das war knapp.

    Dass es weitere Batman-Filme geben wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. In den Achtzigern war einmal Bill Murray für die Rolle vorgesehen, sie ging dann allerdings an an Michael Keaton. (Bonus-Fun-Fakt, falls Sie mal Mädchen oder Jungs mit meinem Allgemeinwissen beeindrucken und rumkriegen wollen: Murray sprach auch für die Rolle des Han Solo in Krieg der Sterne vor.) Nun sieht es so aus, als spiele er tatsächlich im nächsten Film mit, allerdings nicht als Batman, wie unser Exklusivschnappschuss von den Kostümproben zu Wes Andersons Batman Begins Again beweist:

    Von der Ersatzflüssigkeit

    Ich lese gerade Bossypants, die Autobiografie von Tina Fey, weil ich Menstruationsanekdoten so gern hab. Sollten Sie es mir gleichtun wollen, und es sprachlich einigermaßen hinzubekommen ist, lesen Sie bitte die Originalfassung des Buches und boykottieren Sie den deutschen Untertitel, der hier aus Nationalscham nicht genannt sei. Im Buch ist mir etwas wiederbegegnet, was mir vermeintlich schon ganz und gar aus dem Gedächtnis entschwunden war (es hatte sich jedoch nur im Unterbewusstsein schlummern gelegt): Ersatzflüssigkeit. Die Älteren erinnern sich: Das künstliche blaue Nass aus dem Werbefernsehen, das in Hygieneartikelreklame die Stunts für diverse Körpersäfte übernahm, die in echt mal diese, mal jene Farbe haben, aber niemals Blau. Die Ersatzflüssigkeit wurde ein beliebtes Sujet für Zoten jedweder Art, ähnlich wie Flugzeugessen und Busfahrer, war bald humoristisch auch ähnlich abgefrühstückt. Heute ist Flugzeugessen genießbar bis köstlich, Busfahrer sind meist zuvorkommend (außer vielleicht in Berlin, aber Berlin geht nur Berliner was an), und Ersatzflüssigkeit gibt es gar nicht mehr. Wer trotzdem noch diese Themen bespaßt, nennt Bühnenkomiker wahrscheinlich auch noch Blödelbarden.

    Jemand wie ich, also. Habe mich jetzt so lange nicht mehr über Ersatzflüssigkeit lustig gemacht, dass sich in mir ein erkleckliches, bedenklich schwappendes, hellblaues Reservoir angesammelt hat, das nun durch irgendeine Öffnung raus muss.

    Ich habe behauptet: Ersatzflüssigkeit gibt es gar nicht mehr. Behaupten heißt nicht wissen. Mir ist schon lange keine mehr untergekommen, aber vielleicht schaue ich nur nicht richtig hin. Ich gehöre nicht nur zu den nervigen Bessermenschen, die ständig behaupten, sie würden „eigentlich so gut wie gar nicht“ fernsehen. Ich gehöre sogar zu den aufrechten Bestmenschen, die dabei noch nicht mal lügen. (Dass ich gerade zwei Pakete voller attraktiver Premiumkanäle gekauft habe, muss Sie nicht verunsichern. Das ist nur, wenn mal Besuch kommt.)

    Tun wir mir zuliebe so, als würden wir alle in der Traumwelt leben, in der ich lebe. Eine Welt, in der Fernsehen nur aus 3sat und Silverline besteht und Ersatzflüssigkeit nur mehr eine verrückte Neunzigerjahre-Schrulle ist. Wenn wir diese Welt als Wirklichkeit akzeptieren, muss unter Umständen jungen Menschen erklärt werden, wie das noch mal war mit der Ersatzflüssigkeit. Ich zitiere hier aus dem Gedächtnis einen typischen Ersatzflüssigkeitwerbespot aus dem Goldenen Zeitalter des Fernsehens (Tutti Frutti):

    Zwei Frauen, eine unzufriedene und eine zufriedene, sitzen im Salon der zufriedenen Frau. Auf der Anrichte ist eine kleine Schale mit einer blauen Flüssigkeit, in der die unzufriedene Frau geistesabwesend ihre Finger benetzt.

    Unzufriedene Frau: „Ach, gäbe es doch nur eine Flüssigkeit, die sanft meine Phantasie beflügelt, anstatt mich krass mit den schockierenden Realitäten meiner Körperlichkeit zu konfrontieren …“

    Zufriedene Frau: „Aber die gibt es! Sie baden gerade Ihre Hände darin!“

    „In Vaginalausfluss?! Würg!“

    „In Ersatzflüssigkeit! Ich habe immer eine frisch abgefüllte Schale auf der Anrichte, falls mal Besuch kommt.“

    „Ersatzflüssigkeit? Lechz!“

    Eines der letzten großen Menschheitsabenteuer ist die Suche nach einem schmeckenden alkoholfreien Bier. Ich habe mit Jever Fun schon eines gefunden, hätte aber gerne noch eine Fallback-Lösung. Unlängst ist mir aufgefallen, dass es nun ein Alkoholfreies namens Beck’s Blue gibt. Bei dem Namen musste ich schon wieder an die gute alte Ersatzflüssigkeit denken, und so stelle ich dem sympathischen Familienunternehmen aus meiner alten Heimat unentgeltlich diesen Premium-Claim zur Verfügung:

    Beck’s Blue – die Ersatzflüssigkeit unter den Bieren.

    Noch heute merkt man, dass ich um die Jahrtausendwende einmal für 5 1/4 Tage als Werbetexter gearbeitet habe. Als cooler Kreativer. Als originell bebrillter, kahlgeschorener Mad Man in Black. Den Magic Touch verliert man nicht. Man hat’s im Blut. Oder in der Sie-wissen-schon-was.

    Da ich in diesem Blog aus Furcht und Faulheit keine direkten Kommentare dulde, ein Blog ohne Kommentare aber ein bisschen nackt aussieht, werde ich ab jetzt gelegentlich Kommentare aus anderen Blogs und ähnlichem als Screenshots einfügen. Damit ich weiß, was mir entgeht.

    Dieser Blog hat hitzefrei

    Aber sonst geht es gut. Machen Sie sich keine Sorgen, wir sind umgehend wieder für Sie da. Bis dahin machen Sie doch das, was alle coolen Kids im Sommer machen: Bleiben Sie drinnen und schauen Sie Monsterfilme. Zum Beispiel die, die ich gerade besprochen habe:

    Gamera – Guardian of the Universe

    Gamera – Revenge of Iris

    Haben Sie schon gesehen? Dann lesen Sie doch das Buch, das ich auch gelesen habe:

    John Irving: In One Person

    Update 28. 7.:

    Noch mehr von Iris: Mission Iris

    Bill Nighy ist der singende Mops der Untoten

    Letzte Woche war Betriebsausflug zu Men in Black 3, da bin ich mitgegangen, weil ich schon die Kohlfahrt geschwänzt hatte. Mit dem Film waren für mich keinerlei Ängste oder Wünsche verbunden. Von den Vorgängern hatte ich lediglich in grauer Vorzeit die erste Hälfte des ersten gesehen, bis ich mir sagte: „So ein Unsinn – Außerirdische!“

    Ich konnte damit nichts anfangen, damals. Umso mehr wunderte es mich in der Folgezeit, dass ich bei meiner Gemeindearbeit immer wieder (auch nicht mehr ganz so) jungen Menschen begegnete, die Men in Black mit Klauen und Zähnen verteidigten, als ginge es um Ghostbusters. Dabei ging es doch gar nicht um so etwas Erhabenes, sondern bloß um eine Hollywood-Komödie, in der coole Typen mit eigentümlichen Geräten und flotten Sprüchen Monster in New York jagen. Da merkte ich huch: Diesen jüngeren, aber auch nicht ganz so jungen Menschen war Men in Black ihr Ghostbusters. Wäre ich nur etwas später geboren, hätte es mich auch treffen können.

    Von dieser Erkenntnis milde gestimmt und geistig verjüngt, besorgte ich mir vor Teil 3 die anderen beiden und „zog mir die Streifen rein“. Diesmal konnte ich „voll abschmunzeln“. Zumindest hier und da. Mir ist es übrigens schleierhaft, warum alle Welt immer den zweiten Teil disst. Wenn überhaupt ist er ein bisschen besser als der erste. Andererseits fand ich das auch bei Iron Man 2 und kein Stück bei Batman Begins 2, also sollte man mir in dieser Angelegenheit nicht trauen.

    Der dritte Film reiht sich da schmunzelig gut ein, möglicherweise ist sogar eine weitere leichte Steigerung zu erkennen. Wenn nun MiB-Vollblutnostalgiker maulen, der neue Film sei gar nicht so lustig wie früher, dann liegt das möglicherweise daran, dass man sich als 30er oder Schlimmerer nicht mehr über die Sachen vor Lachen wegschmeißt, bei denen einen als Twen oder gar Teen das Brüllen ankam. Das ist nicht die Schuld des Films, das ist nicht die Schuld des Zuschauers, das ist einfach so. Wenn das nicht so wäre, hätte ich längst die Petition für die Herausgabe der Police Academy Legacy Edition unterschrieben.

    Auf meinem langen Weg zum Verständnis von Men in Black fragte ich viele Jünger, was in aller Welt sie denn an dem Quatsch so toll fänden. Ganz oft kam als Antwort: „Der Hund ist so süüüß!“ (gut, ich habe größtenteils JüngerInnen befragt)

    Da ist was dran! Frank, der sprechende und singende Mops aus dem Weltall, ist eine der sympathischsten Figuren der Saga. Sein Fehlen in Teil 3 wird häufig kritisiert, und das zu recht. Der Film ist komischer und klüger, als die orthodoxen Hardliner wahrhaben möchten. Aber ohne sprechenden Hund fehlt ihm was.

    Eine andere Filmserie, für die ich eigentlich zu alt bin, ist Underworld. Sie wurde mir wider Verstand und Willen zur Obsession, als ich jüngst für ein Vampirbuchprojekt recherchierte. Aus dem Projekt wurde nichts, aber Kate Beckinsale als blutsaugende Lederwurst ist mir geblieben, schönen Dank auch. Als ich, ein paar Abende nach Men in Black 3, den aktuellsten Underworld-Teil im Heimkino sah, wurde mir bewusst, dass auch diese Reihe einen schwer verzichtbaren Mops hat: den Ober-Vampir Viktoria äh Viktor, gespielt vom gottgleichen Bill Nighy. Beckinsale ist immer noch ein Schnuckel in ihrer Pelle, aber Underworld ist einfach nicht dasselbe ohne Nighy, der im Kleidchen durchs Gemäuer hüpft und flötet: „Tatü-tata – ich bin die fesche Königin äh der mächtige König aller Vampire!“ (aus dem Wunschgedächtnis zitiert)

    Ich sehe ein, dass Viktor inzwischen sowas von ununtot gemacht wurde, dass man ihn für Teil 4 nicht plausibel zurückbringen konnte (und Plausibilität wird in den Underworld-Filmen ganz, ganz groß geschrieben). Aber warum fehlt Frank in Men in Black 3? Selbst wenn der Ur-Mops-Darsteller inzwischen im Hundehimmel ist, hätte man die Rolle neu besetzen können. Mops ist Mops, das ist nicht so ein emotionales Thema wie die James-Bond-Nachfolge. Abseits vom Thema: Ich habe mir neulich mal Gedanken gemacht, welche Filmserienhauptfiguren tatsächlich so untrennbar mit ihren Darstellern verbunden sind, dass man sie unter gar keinen Umständen neu besetzen könnte. Gedankenergebnis: Nur ‚Dirty‘ Harry Calahan und John McClane (aus den Stirb langsam-Filmen). Außer Clint Eastwood und Bruce Willis ist eigentlich jeder ersetzbar. Man könnte auch mutmaßen, dass diese Figuren im Wesen so dünn sind, dass sie erst durch ihre Darsteller so etwas wie Persönlichkeit bekommen, nämlich die ihrer Darsteller. Aber das wäre Miesepeterei.

    Kommen wir zurück auf den Hund. Anstatt Trübsal zu blasen, erinnern wir uns an die guten Zeiten mit Frank, dem singenden Mops:

    Und erinnern wir uns an Viktor, die alte Queen der Verdammten. Hier nicht der köstlichste Auftritt, aber wenn man zu faul ist sich selbst die Hände schmutzig zu machen, muss man nehmen, was andere gestohlen haben:

    Ich weiß gar nicht, wer von beiden knuddeliger ist. Ihre Abwesenheit ist auf jeden Fall ein herber Verlust für die jeweilige Serie.

    Wo wir schon bei Filmen sind: Es gibt relativ frische Besprechungen meinerseits:

    Elephant White

    Pakt der Wölfe

    Shaolin

    Wo wir schon bei Besprechungen sind: Diese Bücher auch noch:

    Ernest Cline: Ready Player One

    Marie Hermanson: Himmelstal

    Wo wir schon mit interaktiven Hypertextlinks um uns schmeißen: Bitte vergessen Sie nicht, rechtzeitig die Zwangszustellung der Bild-„Zeitung“ am 23. 6. abzubestellen.

    Diablo 3 und die gegenstandslose Meditation

    Endlich kann ich mal von einem welterschütternden Großereignis sagen: Ich war dabei! Nicht als stummer Zeuge vor dem Fernsehapparat, sondern als direkt Beteiligter, zutiefst Betroffener.

    Sie haben es ja bestimmt in all den Nachrichtensondersendungen gesehen, die am Dienstag rund um die Uhr das Programm unterbrachen: Das Computerspiel Diablo 3 war endlich erschienen, ging aber nicht! 5/15, der Tag, nach dem nichts mehr so war, wie es einmal war. Die Welt hatte ihre Unschuld verloren. Wenn man den Computerspieleherstellern nicht mehr vertrauen konnte, dann konnte man niemandem mehr vertrauen. Hier war eine neue Qualität des Qualitätsmangels erreicht. Gerade junge Menschen, die bei der Veröffentlichung der ersten beiden Diablo-Spiele noch gar nicht geboren waren, und für die dieser Tag der schönste und wichtigste in ihrem Leben werden sollte, suchten Trost und Halt in der trügerischen Geborgenheit sogenannter Internet-Foren. Dort hinterließen sie der Nachwelt bewegende Dokumente der Trauer: „Rabä-hähähähä – das sag ich Mama!“

    Für alle, die Computerspiele noch nicht als die Zehnte Kunst in ihr Herz gelassen haben: Das erste Diablo machte in den Neunzigern mit einem Schlag Fantasy-Rollenspiele cool, indem es alles wegließ, was an Fantasy-Rollenspielen immer langweilig gewesen war. Es reduzierte sie damit auf das liebenswerte Vorurteil, das Außenstehende ohnehin davon hatten: es ging nur um Monster abschlachten und Schätze sammeln. Kein ödes Rumsitzen in „Tavernen“ zwischen „Elben“ und „Gnomen“, um irgendwelchen „Barden“ zu „lauschen“ und „Met“ zu trinken, was immer das sein mag. Kein endloses Blumenpflücken, um Burgfrolleins und Kräuterhexen zu gefallen. Kein Mikromanagement banger Fragen, ob man mit dem neuen halben Talentpunkt lieber seinen Wert in „Kleine Dinge verstecken“ oder „Brennnesselresistenz“ erhöht. Einfach nur alles totklicken, was sich bewegt. Die Handhabung war so intuitiv, dass selbst ich sie als Computerspiele-Angsthase in unter zwei Sekunden komplett verinnerlicht hatte. Wer eine Computermaus bedienen konnte, konnte Diablo spielen, auf Anhieb. Die relative Komplexität kam später, man merkte es kaum, man konnte und wollte dann auch nicht mehr zurück. Diablo hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass ich vom Casual Gamer zum Casual Hardcore Gamer wurde. Im Jahr 2000 kam mit Diablo 2 dasselbe Spiel noch mal raus, nur bunter und ohne Speicherfunktion. Mit anderen Worten eine typische Fortsetzung: Nicht so gut wie das Original, aber besser als gar nichts.

    Was war nun geschehen, am Verhängnisvollen Dienstag (VD)? Um Diablo 3 zu spielen, ganz egal ob alleine oder mit anderen, muss man permanent beim Online-Service Battle.net angemeldet sein, aus Gründen der Diebstahlsicherung. Bei Computerspielen bin ich konservativ. Das ist etwas, wobei man gefälligst einsam am Computer verrohen sollte, Freundschaften und helles Kinderlachen gibt es anderswo. Will sagen: Ich gehöre zu der schweigenden Mehrheit, die nicht an Multiplayer-Schnickschnack interessiert ist, deshalb habe ich den Internet-Zwang von vornherein als sinnlos und verdächtig erachtet (gucken die mir in den Computer? sehen die meine Urlaubsbilder?). Als Urheber bin ich prinzipiell ein riesen Fan von DRM und Kopierschutz, aber man kann das auch anders umsetzen. Dass man es so, wie es in diesem Falle umgesetzt wurde, gerade nicht nicht umsetzen kann, wurde am Dienstag eindrucksvoll bewiesen, als alles zusammenbrach und man weltweit nur Fehlercodes statt Erfahrungspunkte sammeln konnte. Wenn das noch mal passiert, sage ich es Mama.

    Ich gehöre wohlgemerkt nicht zu den weinerlichen Hysterikern, für die mit den Servern eine Welt zusammenbrach, aber ich respektiere ihren Schmerz die Wehwehchen der kleinen, verzogenen Rotzlöffel. Ganz anders wird mir allerdings, wenn ich höre, dass nicht wenige Menschen für Diablo 3 „extra Urlaub genommen“ hätten. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln und ausrufen: Memmen! Was ist bloß aus dem guten, alten Krankfeiern geworden?! Ich habe freilich weder noch gemacht, ich habe nur abends Japanisch geschwänzt. Aber selbst das hatte in erster Linie damit zu tun, dass es so doll geregnet hat, und ich hatte keinen Schirm, und ich war gerade erst von einer starken Erkältung genesen, und mein imaginärer Hund hatte meine nicht gemachten Hausaufgaben gefressen. Es handelt sich also um reinen Zufall, dass auch ich schon an Tag 1 versucht habe, ein paar wandelnden Skeletten die Knochen zu brechen. Dass es nicht ging, trug ich mit Humor und Gelassenheit. Es hatte etwas Meditatives, hoch konzentriert auf den Anmeldebildschirm zu schauen und auf eine Anmeldung zu warten, die Godot-ähnlich nie kam.

    Die Hintergrundmusik war angenehm einlullend, und wenn sie einem nach ein paar Sekunden doch auf den Sack ging, stellte man sie halt aus. Dann hörte man, dass die Krähe, die da auf einem Felsen sitzt, hin und wieder kräht. Man wurde bald eins mit der virtuellen Natur. Und als man schließlich auf der obersten Astralebene inneren Friedens eingeschwebt war, sagte man sich mit einem sanften, weisen Dalai-Lama-Lächeln: „Scheiß die Wand an, dann spiel ich eben Duke Nukem weiter!“

    Ähnlich wie bei Duke Nukem Forever wird von Diablo 3 behauptet, man habe 12 Jahre auf das Spiel gewartet. Ähnlich wie bei Duke Nukem Forever behaupte ich, man hat nicht 12 Jahre auf Diablo 3 gewartet, sondern in der Zeit auch noch andere Sachen gemacht, zum Beispiel Diablo 2 gespielt. Oder hat man bereits am Erstverkaufstag des letzten Spiels die Fingernägel zwischen die Zähne gesteckt und auf Teil 3 gewartet? Wenn das so ist, muss ich hier mal anmerken, dass ich jetzt schon seit drei Tagen auf Diablo 4 warte und es bald nicht mehr aushalte.

    Helfen würde, wenn ich solange Diablo 3 spielen könnte. Gestern Abend ging es vorübergehend, heute Mittag wieder nicht mehr. Das gestrige Schnupperspiel bestätigte, dass es zum Glück wieder dasselbe Spiel geworden ist, nur für uns Senioren noch etwas weiter vereinfacht. Bei der Charakterentwicklung kann man jetzt gar nichts mehr selbst machen, die wird einem vorgegeben, wie im richtigen Leben. Ich spiele selbstverständlich eine Dämonenjägerin, weil das so eine Art Ninja ist und ich 12 Jahre alt bin.

    So, ich sollte jetzt mal wieder schauen, ob ein Server offen ist. Ich muss Diablo 3 unbedingt heute noch so lange spielen, bis es mir zum Hals raushängt, weil morgen Max Payne 3 erscheint.

    Es ist herrlich, 12 Jahre alt zu sein und das Taschengeld eines 42-jährigen zu haben!

    Update aus der Zukunft

    Hiermit distanziere ich mich von der voreiligen Max Payne 3-Schwärmerei von 2012. Ein menschenverachtendes Schweinespiel für menschenverachtende Schweinespieler, denen der nächste Kopfschutz nicht mehr ist als das nächste Achievement. Nichts von den ersten beiden Spielen verstanden, und Jürgen von der Lippe ist als Max Payne eine totale Fehlbesetzung.

    Hugh Grant lebt hier nicht mehr

    Wie jeder vernünftige Teen und Twen war ich als Teen und Twen einigermaßen London-verrückt. So hatte ich mich angesichts meines kürzlichen dortigen Aufenthalts auf einen Rückfall in die Kindheit gefreut, wollte jedoch diesmal mit der Stadt nicht recht warm werden. Ich habe mich schließlich immer länger nach Chinatown und Uniqlo zurückgezogen. Was in London seit meinem letzten Besuch (im vergangenen Jahrtausend) baulich hinzugekommen ist, ist scheußlich und sinnlos (und ich bin durchaus ein Freund von Wandel und Moderne). Nach der aktuellen Baustellendichte zu urteilen, werden munter weitere scheußliche Sinnlosigkeiten hinzukommen. Die Musicalisierung von jedem Unsinn nimmt immer bedenklichere Züge an (Ghost – The Musical?! Oh, Shrek!). Paris, so sagt man, sei am schönsten im Regen, und da sagt man was. London ist bei Regen leider am allerunausstehlichsten, was angesichts des lokalen Normalwetters ein äußerst unglücklicher Umstand ist. Wo wir schon beim unfairen völlig gerechtfertigten Städtevergleich sind: Ist die Untergrundbahn von Paris charmant-alt, so ist die von London bloß kaputt-alt. Und dass man in der Öffentlichkeit keine Trainingshosen trägt, sollte ja wohl … ach, ich kämpfe gegen Windmühlen.

    Aber es war gar nicht alles schlecht. In Notting Hill hat es mir gut gefallen. Dabei war der Hauptgrund meines Ausflugs dorthin von einem niederschmetternden Misserfolg gekrönt (falls Misserfolge überhaupt „krönen“ können).

    Eine junge Dame, um deren Gunst ich einmal warb, sagte mir währenddessen, ich erinnere sie an „Hugh Grant in Notting Hill“. Das bestärkte mich in meinem Werben, auch wenn ich nach Überprüfung des Films feststellte, dass Hugh Grant darin ein ziemlicher Schlappschwanz ist. Ich verkürzte einfach „Du erinnerst mich an Hugh Grant in Notting Hill!“ zu „Du erinnerst mich an Hugh Grant!“ und machte es zu meinem Mantra. Noch heute sage ich das jeden Morgen meinem Spiegelbild.

    Da mein Werben letztendlich und anhaltend Erfolg hatte, dachte ich mir, ich könne von meinem London-Aufenthalt ein selbstgeknipstes Foto des realen Reisebuchladens in Notting Hill mitbringen, der das Vorbild des fiktiven Reisebuchladens in Notting Hill war; anstatt Blumen oder eines Stoffbären in einem Union-Jack-Hemd.

    Aber, ach!

    Tapfer aber beschädigt hängt noch das Schild darüber, doch im Innern nur buchlose Leere, an der Scheibe ein Zu-vermieten-Schild und die Ankündigung eines bevorstehenden Hüpfburg-Events.

    Ich war nicht der einzige Tourist, der sich für das Geschäft interessierte (gleichwohl der einzige männliche). Die anderen Mädels hatten es faustdick hinter den Ohren. Nach Sekundenbruchteilenttäuschung fotografierten sie einander einfach vor dem Buchgeschäft gleich nebenan, das weiterhin operiert. Zu Hause werden sie ihren schmachtenden, eifersüchtigen Freundinnen erzählen, dass das der Laden von Hugh Grant war, and it was magic. Aber wir alle wissen, dass das nicht wahr ist.

    Und der Inhaber des Ladens neben dem Laden wird sich weiterhin sagen: Wenn sich hier jede Hanni und Nanni vor dem Fenster fotografieren lässt, aber keine jemals reinkommt und was kauft, geht es meinem Laden bald wie dem von Hugh Grant und ich mache endlich meine Umschulung zum Hüpfburg-Eventmanager.

    Vienna Calling

    Ich bin gerade in London („London Calling” wäre mir als Überschrift zu abgedroschen gewesen), um dem Künstler Damien Hirst finanziell ein wenig unter die Arme zu greifen. Er kann jeden Pfennig gebrauchen, falls er sich mal wieder selbst den einen oder anderen Damien Hirst kaufen möchte.

    Leider ist mein eigentlich brillant durchdachter Kunstraubplan fehlgeschlagen, denn dem Exponat For the Love of God darf man sich nicht mit großer Tasche nähern.

    Sonst könnte ja jemand mit weit gestrecktem Zeigefinger ausrufen: „Gucken Sie mal da!“, der Sicherheitsbeamte neben dem Kunstwerk würde sich neugierig umdrehen, und schwups wäre der Schädel eingetütet.

    Mein Plan war nicht ganz so simpel. Ich wollte das …

    … gegen das austauschen:

    Bis den Schwindel jemand bemerkt hätte, wäre ich längst über alle Berge.

    Hat aber nicht geklappt, und so können Sie For the Love of God, die Mona Lisa dieses Jahrhunderts und der kommenden, noch bis zum 24. Juni in einem Gratiskabuff in der Turbinenhalle der Tate Modern ansehen.

    Sie sollten sich jedoch einen Ruck geben und auch die kostenpflichtige Hauptausstellung sehen. Hören Sie nicht auf die Muffel, die behaupten, ein toter Hai sei keine Kunst. Das ist nicht mehr als ein ganz gemeiner Fall von Haiunterschätzung. Mir persönlich allerdings gefallen in Hirsts Werk am besten die pharmazeutischen Arbeiten. Die Muffeltheorie geht davon aus, dass man so was tagtäglich in der Apotheke kostenlos sehen kann. Das mag sein, aber man wird in der Ausstellung nicht ständig gefragt: „Kann ich Ihnen helfen?“ Und so kann man sich besser ergreifen lassen von den schönsten und traurigsten künstlerischen Arbeiten zum Verhältnis von Leben und Tod und Glauben und Wissen und Hoffnung, die man sich für Geld verschreiben lassen kann.

    Denkt sich ein Apotheker beim allmorgendlichen Befüllen seiner Regale: „Also, wenn dieser Damien Hirst ein Künstler ist, dann bin ich auch einer!“, dann ist dieser Gedanke nur zu begrüßen. Man sollte ihn ermutigen: „Ja, das sind Sie! Aber sagen Sie das doch nicht so, als wäre das eine Krankheit! Freuen Sie sich an Ihrer Kunst!“ Im Allgemeinen wird man eher glücklicher als unglücklicher durchs Leben und die Welt gehen, wenn man eher mehr Dinge als weniger Dinge als Kunst betrachtet.